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Coming-out

Queere Pädagog*innen haben Recht auf Sichtbarkeit

Die GEW fordert, Diskriminierungen im Bildungssystem zu beenden. Queere Beschäftigte sollen ohne Angst vor Nachteilen leben können. Geltendes Recht muss umgesetzt werden.

Foto: GEW/Shutterstock

Queere Pädagog*innen haben rechtlich weitestgehend Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz. Dennoch müssen sie oft abwägen, welche Konsequenzen ein Outing am Arbeitsplatz haben könnte. Die GEW verlangt von Arbeitgeber*innen, die strukturellen Bedingungen für ein angstfreies Arbeitsklima zu schaffen.

Coming-out bedeutet das sichtbar Machen der eigenen queeren Identität – etwa lesbisch, schwul, bi-, pan-, asexuell, trans*, inter, nicht binär oder agender zu sein. Während das „innere“ Coming-out, die eigene Erkenntnis LSBTIQA+ zu sein, meist schon im Kindheits- und Jugendalter erfolgt, vergehen bis zum „äußeren“ Coming-out gegenüber einer anderen Person oft Jahre.

Heteronormativität prägt Bildungseinrichtungen

In vielen deutschen Bildungseinrichtungen herrscht noch immer die Annahme, alle Menschen seien heterosexuell und in zwei Geschlechter einteilbar. LSBTIQA+-Beschäftigte stehen deshalb vor der Entscheidung, ob sie dieser Norm offen widersprechen.

„LSBTIQA+-Beschäftigte müssen mit ihrer geschlechtlichen und sexuellen Identität am Arbeitsplatz ungehindert und in gleicher Weise umgehen können, wie ihre heterosexuellen und cis-geschlechtlichen Kolleg*innen.“ (Tina Breidenich)

Das Grundgesetz garantiert die Würde des Menschen und freie Persönlichkeitsentfaltung. Die meisten LSBTIQA+- Beschäftigten in der Bildung sind durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das Beamtenstatusgesetz und Personalvertretungsgesetze geschützt. Führungskräfte, wie beispielsweise Schulleitungen, Bildungsverwaltung- und aufsicht müssen diesen Schutz gewährleisten und vor Diskriminierung schützen, meint auch Tina Breidenich, GEW-Vorstandsmitglied Frauen-, Gleichstellungs-, Geschlechterpolitik: „LSBTIQA+-Beschäftigte müssen mit ihrer geschlechtlichen und sexuellen Identität am Arbeitsplatz ungehindert und in gleicher Weise umgehen können, wie ihre heterosexuellen und cis-geschlechtlichen Kolleg*innen.“ 

Doch der Schutz vor Diskriminierung hat rechtliche Lücken, beispielsweise bei Bildungseinrichtungen kirchlicher Träger. Hier fordert die GEW, die diskriminierende Ausnahmeregelung abzuschaffen.

Pro und Contra einer offenen Identität

Für ein Coming-out sprechen Authentizität, Ehrlichkeit, die Vermeidung ständiger innerer Belastung durch Verstecken und Verstellen, das Durchbrechen stereotyper Annahmen oder die Möglichkeit, Lernenden ein Beispiel dafür zu sein, dass es queere Menschen in allen gesellschaftlichen Bereichen gibt und ein offen queeres Leben möglich ist. 

Schließlich treiben Zukunftsängste oder die Furcht davor, nicht als „normal“ zu gelten und deswegen ausgeschlossen, sanktioniert oder angegriffen zu werden, gerade queere Kinder und Jugendliche besonders um. Fünf- bis sechsfach erhöhte Suizidzahlen sind ein trauriger Beleg dafür. Die Möglichkeit, ihnen ein positives Rollenmodell zu sein, ist für viele queere Pädagog*innen ein starkes Motiv für ein Coming-out am Arbeitsplatz. 

Gegen ein Coming-out spricht eine mögliche Komplikation des pädagogischen Verhältnisses. Personen, von denen bekannt ist oder angenommen wird, dass sie queer sind, sind oft mit vielfältigen Arten von Diskriminierungen konfrontiert. Die Erfahrungsberichte reichen von abfälligen Äußerungen, unangemessenen, oft sexualisierenden Fragen oder Unterstellungen, sozialem Ausschluss und Kontaktabbruch, beruflicher Benachteiligung bis zu verbalen Bedrohungen und physischer Gewalt.

GEW bietet Unterstützung

Breidenich betont, jedes Coming-out sei eine individuelle Entscheidung. Es gehöre zur Fürsorgepflicht der Arbeitgeber*innen, die Bedingungen für ein Arbeits- und Lernklima in Bildungsinstitutionen zu schaffen, in dem sich Lernende und Lehrende ungezwungen für ein Coming-out entscheiden können. Die GEW unterstützt durch Informationen, Beratung, kollegialen Austausch und Rechtsschutz. Beschäftigte können sich regional an die queeren Landesausschüsse oder Arbeitsgruppen sowie den Bundesausschuss Queer der GEW wenden.