Ländermonitoring „Frühkindliche Bildungssysteme“
„Qualität der frühkindlichen Bildung erheblich bedroht“
In den Kitas sinkt einer Studie zufolge der Anteil der Fachkräfte dramatisch. Die GEW warnt vor einer De-Professionalisierung und fordert eine langfristige Strategie, um die Fachkraftquote und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
In den Kindertagesstätten in Deutschland sinkt einer Studie zufolge der Anteil der Fachkräfte. Zugleich werden zunehmend Personen ohne formale pädagogische Voraussetzungen eingestellt, wie es im „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann Stiftung heißt. Die GEW warnt vor den gravierenden Auswirkungen des Fachkräftemangels und fordert dringend, die strukturelle Qualität in der Kindertagesbetreuung auszubauen.
„Wir brauchen nicht nur mehr Fachkräfte, auch die Arbeitsbedingungen müssen massiv verbessert werden (…).“ (Doreen Siebernik)
„Die Belastung der Fachkräfte in den Kitas ist enorm. Immer mehr Erzieherinnen und Erzieher arbeiten in Teilzeit oder verlassen das Berufsfeld. Das gefährdet die Qualität der Betreuung. Es ist offensichtlich: Wir brauchen nicht nur mehr Fachkräfte, auch die Arbeitsbedingungen müssen massiv verbessert werden, um den gesellschaftlichen Anforderungen an die frühkindliche Bildung gerecht zu werden“, sagte Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, am Mittwoch in Frankfurt a.M. mit Blick auf das Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung.
Fachkraft-Quote sinkt dramatisch
Die Arbeitsgruppe Frühe Bildung von Bund und Ländern empfehle perspektivisch eine Fachkraftquote von 85 Prozent pro Kita-Team, heißt es bei der Bertelsmann Stiftung. 2023 sei laut Untersuchung lediglich etwa jedes dritte Kita-Team (32 Prozent) auf die Quote von mehr als acht Fachkräften unter zehn pädagogisch tätigen Personen gekommen. 2017 konnten demnach noch 41 Prozent aller Kita-Teams diesen hohen Anteil vorweisen, der in der Studie als Kategorie „82,5 Prozent und mehr“ geführt wird. Den deutlichsten Rückgang habe es hier seit 2017 in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen gegeben, bilanziert die Analyse.
Dieser dramatische Rückgang der Fachkraftquote in den Kitas sei „eine erhebliche Bedrohung der Qualität der frühkindlichen Bildung“, betonte GEW-Expertin Siebernik.
„Es ist ein kritischer Moment erreicht.“
„In dieser Situation Debatten zu befeuern, die das Ziel haben, auf dem Rücken der Fachkräfte eine
De-Professionalisierung in Gang zu setzen, ist keine Lösung“, unterstrich Siebernik. „Wir wehren uns dagegen, wenn durch die Hintertür versucht wird, die wichtige und qualitativ hochwertige Arbeit der Beschäftigten abzuwerten.“
Die GEW-Expertin schlug den Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen vor, die frühkindlichen Bildungsstrukturen konsequent auszubauen: „Es ist ein kritischer Moment erreicht. Nicht ausgebildetes Personal in Kitas einzusetzen, darf nicht zur dauerhaften Praxis werden. Wir brauchen jetzt eine langfristige Strategie, um die Fachkraftquote und die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen zu verbessern.“
„Wir müssen jetzt handeln, sonst riskieren wir, das Vertrauen der Familien in das Bildungssystem zu verlieren.“ (Doreen Siebernik)
Besonders besorgniserregend seien die fehlenden Kitaplätze. Der Fachkräftemangel verschärfe die Situation zusätzlich. Schon 2025 könnten mehr als 429.000 Familien ihren Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nicht einlösen. „Wir müssen jetzt handeln, sonst riskieren wir, das Vertrauen der Familien in das Bildungssystem zu verlieren. Jeder Euro, der nicht in gute Bildung investiert wird, wirkt sich langfristig negativ auf unsere Gesellschaft aus“, sagte Siebernik.
Deshalb müssten mehr Fachkräfte gewonnen und bundeseinheitliche Qualitätsstandards für die frühkindliche Bildung, die den Anforderungen einer modernen Gesellschaft entsprechen, eingeführt werden. Nur so sei Chancengleichheit für alle Kinder sicherzustellen.