25 Jahre Bologna-Reformen
„Problemlösung statt Schönfärberei nötig!“
Zwar haben die Bologna-Reformen europaweit zu vergleichbaren Studienstrukturen geführt, aber für viele deutsche Studierende bleibt das Sammeln von Auslandserfahrungen weiter nur ein Traum.
25 Jahre nach dem Start der Bologna-Reformen hat die GEW Bund und Länder gemahnt, keine „Schönfärberei“ zu betreiben, sondern bestehende Probleme zu lösen. „Die Bologna-Reformen haben europaweit zu vergleichbaren Studienstrukturen mit Bachelor und Master sowie einer leichteren Anerkennung der Studienleistungen und Abschlüsse geführt. Das Ziel, für eine umfassende Mobilität im europäischen Hochschulraum zu sorgen, bleibt für viele Studierende aus Deutschland jedoch weiter ein Traum“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Hochschulexperte. Er nimmt als Vertreter der europäischen Bildungsgewerkschaften an der Konferenz der Wissenschaftsministerinnen und -minister in der albanischen Hauptstadt Tirana teil, die heute und morgen stattfindet.
„Deutschland hat erneut die Bologna-Vorgaben verfehlt.“ (Andreas Keller)
„Deutschland hat erneut die Bologna-Vorgaben verfehlt, nach denen mindestens 20 Prozent der Hochschulabsolventinnen und -absolventen studienbezogene Auslandserfahrung gesammelt haben sollten“, sagte Keller. Dieses Ziel hätten nur 17 Prozent erreicht, obwohl Bund und Länder sich in ihrer eigenen Internationalisierungsstrategie sogar 33 Prozent vorgenommen hatten.
Studienfinanzierung reicht nicht aus
„Ein Grund dafür ist die unzureichende Studienfinanzierung in Deutschland“, betonte Keller. Nur elf Prozent aller Studierenden erhalten BAföG, zwei Drittel sind auf dauerhaftes Jobben angewiesen. Wer ins Ausland geht, verliert diese Einnahmen. Erasmus-Stipendien decken nur den Mehraufwand ab, der durch das Auslandsstudium entsteht, nicht aber die Lebenshaltungskosten der Studierenden. „Einen Auslandsaufenthalt muss man sich schlicht leisten können – das können viele Studierende aber nicht. Bund und Länder müssen die soziale Dimension des europäischen Hochschulraums ernst nehmen, BAföG und Mobilitätsstipendien ausbauen“, forderte der Hochschulexperte.
„Fast nirgendwo in Europa ist der Handlungsbedarf so groß wie in Deutschland.“ (Andreas Keller)
Keller wies darauf hin, dass den europäischen Bildungsgewerkschaften gelungen sei, das Ziel attraktiver Beschäftigungsbedingungen und Karriereperspektiven für die Lehrenden an den Hochschulen in den Entwurf für das Tiranaer Kommuniqué aufzunehmen. „Gutes Studium und gute Arbeit sind zwei Seiten einer Medaille. Immer mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Laufzeiten, lange und steinige Karrierewege – fast nirgendwo in Europa ist der Handlungsbedarf so groß wie in Deutschland. Bund und Länder müssen auch diesen Teil der Verpflichtungen aus dem Kommuniqué beherzt angehen“, unterstrich der GEW-Hochschulexperte.
Bologna-Prozess 1999 gestartet
Dem 1999 gestarteten Bologna-Prozess gehören 49 Länder innerhalb und außerhalb der Europäischen Union an. Sie bilden den Europäischen Hochschulraum. Das European Trade Union Committee for Education (ETUCE), der Zusammenschluss europäischer Bildungsgewerkschaften, dem die GEW angehört, ist eines der acht beratenden Mitglieder des Bologna-Prozesses. ETUCE vertritt 123 Bildungsgewerkschaften in 51 Ländern in ganz Europa, die rund elf Millionen Einzelmitglieder repräsentieren. Gemeinsam mit der GEW und weiteren Bildungsgewerkschaften hat ETUCE einen Appell an die Tiranaer Konferenz verfasst.