Foto: FENPROF, Iris Köhler-Fritsch
Auch wenn die mehr als 600 Kongressdelegierten sich offiziell erst am 3.und 4. Mai versammelten, so war doch die Kampfstimmung der in dem Symbol der portugiesischen Revolution vom 25. April 1974 tausendfach rot leuchtenden Nelken bei den 1.Mai Kundgebungen schon der Auftakt zu dem Kongress. 'Das staatliche Schulwesen stärken, die Lehrer Wert schätzen, dem Land eine Zukunft geben' war das Motto.
Dramatische Verschlechterungen
Streichungen und Kürzungen bedrohen den Fortbestand des Bildungswesens und die Zukunft des Landes. Lehrer können den Lebensunterhalt ihrer Familien nicht mehr bestreiten, Schulgebäude zerfallen, Subventionen für bedürftige Kinder werden gestrichen, Kinder kommen hungrig zur Schule, steigende Steuern machen Lebensmittel und die Grundversorgung für viele immer unerschwinglicher, die Arbeitslosigkeit steigt und steigt, um nur einige dramatische Veränderungen zu nennen. Sampaio da Nóvoa, der Rektor der Universität Lissabon rief die Delegierten unter frenetischem Beifall in seinem Eröffnungsreferat auf, zum Kampf für Freiheit, Unabhängigkeit und Demokratie überzugehen, da es keine Worte der Hoffnung mehr gäbe. Dies war der Grundtenor der meisten Redebeiträge. Mario Nogueira, der wiedergewählte Generalsekretär der FENPROF wies sehr eindringlich auf die gesellschaftliche Verpflichtung der staatlichen Schulen und die besondere Rolle der Gewerkschaften als Hüter demokratischer Rechte hin. Weitere Streiks wurden angekündigt, wenn auch die Möglichkeit eines Generalstreiks fürs Erste aufgeschoben wurde.
Globale gewerkschaftliche Vernetzung
Die FENPROF sucht in diesen Zeiten sehr stark die Solidarität anderer Gewerkschaften. So waren Delegationen aus 22 Ländern eingeladen. Besonders ragten die Delegationen der Portugiesischsprachigen, der 'lusophonen', Länder heraus. Brasilien, Cabo Verde, Guinea Bissau, Sao Tomé und Príncipe, Angola und Mocambique waren vertreten. In dem Reigen fehlte nur Osttimor. Der Kollege hatte kein Einreisevisum bekommen. Die Gewerkschaften dieser Länder arbeiten über die Kontinente hinweg immer intensiver zusammen und könnten so ein gutes Beispiel für globale Vernetzung geben. Einen besonderen internationalen Akzent bekam der Kongress durch die Teilnahme zweier türkischer Kollegen. Die Delegierten verabschiedeten einstimmig einen Antrag der die Freilassung der inhaftierten Gewerkschaftskollegen sowie die Verletzung der Menschenrechte verurteilte. Diese Resolution wurde dem türkischen Botschafter in Lissabon am 6. Mai, dem Tag des Staatsbesuchs des türkischen Premierministers in Portugal, übergeben.
Solidarität aus dem Land von Marx und Merkel
Von Seiten der GEW nahmen Stephanie Odenwald und Barbara Geier am Kongress teil. An vielen Mauern in Lissabon konnte man lesen: Merkel raus hier oder Merkel fora. Von dieser Stimmung war im Saal nichts zu spüren. Als Stephanie Odenwald ihren Redebeitrag mit den Worten einleitete, dass Deutschland nicht nur das Land von Angela Merkel, sondern auch von Karl Marx und Rosa Luxemburg sei, wurde sie mit viel Beifall bedacht. Barbara Geier war von Mario Nogueira gebeten worden, im Namen der europäischen Gäste ein Grußwort zu überbringen und durfte stellvertretend für alle ausländischen GewerkschaftsvertreterInnen eine rote Nelke entgegennehmen. Die Tage in Lissabon haben sehr zur Stärkung des Verständnisses und der Zusammenarbeit auf internationaler Ebene beigetragen. Den portugiesischen Kolleginnen und Kollegen gebührt ein großes OBRIGADO (danke) für die Organisation und ihre herzliche Gastfreundschaft.