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Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme

Personalschlüssel verbessern sich zu langsam

Durch den Kita-Ausbau gibt es zwar mehr pädagogische Fachkräfte - aber vielerorts trotzdem weiter zu wenig Personal für eine kindgerechte Betreuung. Die GEW fordert „eine nationale Strategie, die nicht am Föderalismus scheitern darf“.

Obwohl es immer mehr pädagogische Fachkräfte in Deutschland gibt, fehlt in der Kinderbetreuung weiter Personal. Mit dem Kita-Ausbau stieg von 2008 bis 2018 zwar die Zahl des pädagogischen Personals um 54 Prozent beziehungsweise von 379.146 auf 582.125 Erzieherinnen und Erzieher, wie aus dem Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung hervorgeht. Die Personalschlüssel verbessern sich mit Blick auf eine kindgerechte Betreuung sowie gute Arbeitsbedingungen der Fachkräfte jedoch zu langsam.    

Am 1. März 2013 war eine vollzeitbeschäftigte pädagogische Fachkraft in Krippengruppen laut Studie rein rechnerisch für 4,6 ganztagsbetreute Kinder zuständig. Am 1. März 2018 waren es 4,2 Kinder. In Kindergartengruppen verantworteten Erzieherinnen und Erzieher 2013 die Förderung von 9,6 und 2018 von 8,9 Kindern. Wissenschaftlich empfohlen wird ein Personalschlüssel von 1:3 in Krippen und 1:7 beziehungsweise 1:8 für Kitas.

Zugleich gibt es nach wie vor deutschlandweit massive Unterschiede. Während sich die Personalausstattung in Krippen und Kitas in Bremen und Thüringen verschlechterte oder stagniert, verbesserten sich die Zahlen etwa in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Hamburg deutlich. Insgesamt hängen die Bildungschancen aber noch immer zu stark vom Wohnort ab. So ist in Mecklenburg-Vorpommerns Kindergartengruppen eine Fachkraft für 13,2 und in Baden-Württemberg für 7,0 Kinder zuständig. Im Krippenbereich zeigt sich zwischen Sachsen und Baden-Württemberg mit 1 zu 6,2 und 1 zu 3,0 eine ebenso große Kluft.

„Nur mit guten Arbeitsbedingungen werden wir mehr Menschen für dieses gesellschaftspolitisch so wichtige Arbeitsfeld gewinnen.“ (Björn Köhler)

Die GEW fordert Bund, Länder und Kommunen zu deutlich mehr Anstrengungen auf, um zusätzliche Kita-Fachkräfte zu gewinnen. „Der Fachkraft-Kind-Schlüssel ist fast überall noch weit davon entfernt, was die Wissenschaft für pädagogisch notwendig erachtet“, betonte Björn Köhler, GEW-Vorstandsmitglied für Jugendhilfe, am Donnerstag in Frankfurt a.M. „Nur mit guten Arbeitsbedingungen werden wir mehr Menschen für dieses gesellschaftspolitisch so wichtige Arbeitsfeld gewinnen.“ Dazu gehöre auch eine gute Bezahlung.  

Die Länder seien gefordert, genügend Lehrkräfte für die schulische Ausbildung zur Verfügung zu stellen und die Kapazitäten der entsprechenden Studiengänge auszubauen. Auch kommunale Arbeitgeber müssten zügig Vorschläge zur Verbesserung der Attraktivität des Berufes machen: „Wir brauchen dringend eine nationale Strategie, die nicht am Föderalismus scheitern darf“, forderte Köhler. Bund, Länder und Kommunen müssten sich darauf verständigen, wie die Kitafinanzierung deutlich zu verbessern sei.

Personalschlüssel versus Fachkraft-Kind-Relation

Für die Bildungsgewerkschaft muss bei der Analyse der Situation in der Kinderbetreuung zudem zwischen dem im Ländermonitor zugrunde gelegten Personalschlüssel und der Fachkraft-Kind-Relation unterschieden werden. Dieser Unterschied ist für Erzieherinnen und Erzieher ganz wesentlich: Der Personalschlüssel setzt die bezahlte Arbeitszeit einer pädagogischen Fachkraft über den Zeitraum eines Jahres und unter der Annahme einer Vollzeitbeschäftigung ins Verhältnis zu den zu betreuenden Kindern und den jeweiligen Betreuungszeiten.

Dieser Wert ist also sehr theoretisch – eine Art „Bruttoarbeitszeit“. So gesehen ist die Fachkraft-Kind-Relation die Nettozeit, die der Erzieherin oder dem Erzieher tatsächlich für das einzelne Kind bleibt: Sie berücksichtigt Zeiten für Urlaub, Krankheit und Fortbildung sowie die mittelbare pädagogische Arbeit wie Vor- und Nachbereitung von Elterngesprächen. Die reale Fachkraft-Kind-Relation lässt sich oft nur schwer ermitteln, zu viele Faktoren sind zu berücksichtigen – wie sind die Öffnungszeiten, wann die Hauptbetreuungszeiten, wie viele Kinder und wie viele Erzieherinnen und Erzieher sind wann anwesend, wie sollen Fehl- und Urlaubszeiten pauschal kalkuliert werden.

Das diesjährige Ländermonitoring der Bertelsmann Stiftung untersucht, wie das Gute-Kita-Gesetz in den einzelnen Ländern wirkt und wie die Arbeitsbelastung des pädagogischen Fachpersonals vor Ort aussieht. Zudem wird ausgeleuchtet, wie die pädagogische Qualität in sogenannten altersgemischten Gruppen aussieht – häufig müssen sich dort weniger Erzieherinnen und Erzieher um mehr Kinder kümmern, die jünger als drei Jahre sind. Zentrale politische Forderung der Studie ist, die Ausbildungsstandards zwischen den Ländern zu vereinheitlichen und die Ausbildungskapazitäten für pädagogisches Personal stark zu erhöhen.