Bericht zum Ganztagsfördergesetz (GAföG)
Personal, verzweifelt gesucht
In knapp anderthalb Jahren tritt der Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung an Grundschulen in Kraft. Doch es mangelt nach wie vor an qualifiziertem Personal und der notwendigen baulichen Infrastruktur.
Das Papier mit dem nüchternen Titel „2. Bericht über den Ausbaustand der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder“ enthält wichtige, teils kontrovers diskutierte Inhalte. Der von der Prognos AG und dem Institut für Theorie und Empirie des Sozialen (ITES) verfasste und im Dezember 2024 im Auftrag der Bundesregierung veröffentlichte Bericht zum Ganztagsfördergesetz legt den Finger allerdings nur sanft in manche Wunde.
Knapp 1,8 Millionen Kinder besuchten im vergangenen Schuljahr eine Ganztagsgrundschule oder eine Tageseinrichtung. Das sind rund 130.000 mehr als im Jahr davor. Mittlerweile sind 73 Prozent der Grundschulen als Ganztagsschulen organisiert. Bis zum Inkrafttreten des Rechtsanspruchs im August 2026 werden laut Bericht weitere rund 342.000 Plätze benötigt, um den Bedarf zu decken.
„Mit Blick auf die Raumsituation sind schnelle und gleichzeitig langfristige Lösungen eher nicht in Sicht.“
Der Bund unterstützt den erforderlichen Ganztagsausbau mit Investitionen in Ausstattung und Infrastruktur in Höhe von 3,5 Milliarden Euro, die Länder übernehmen 30 Prozent der Kosten. Mit dem Geld soll vor allem das Raumproblem gelöst werden. Die Kommunen sind dafür verantwortlich, die bauliche Infrastruktur bereitzustellen. Angesichts begrenzter räumlicher Kapazitäten greifen einige Schulen daher auf pragmatische Lösungen zurück, beispielsweise die Doppelnutzung von Räumen.
Der Bericht bietet wenig Anlass für die Erwartung, dass sich die Situation schnell verbessern wird: „Mit Blick auf die Raumsituation sind schnelle und gleichzeitig langfristige Lösungen eher nicht in Sicht.“ Für die Betriebskosten, zu denen auch die laufenden Ausgaben für das Personal zählen, zahlt der Bund künftig 1,3 Milliarden Euro jährlich.
Fachkräfteproblem nach wie vor nicht gelöst
Eine Herausforderung bleibt auch der Fachkräftebedarf. Während im Osten rechnerisch genügend Personal zur Verfügung steht, damit jedem Kind ein Platz garantiert werden kann, müssen die westdeutschen Bundesländer kräftig investieren. Die Bertelsmann Stiftung rechnet in ihrem „Fachkräfteradar“ damit, dass für einen flächendeckenden und personell gut ausgestatteten Ganztag bis 2030 insgesamt mehr als 100.000 pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich benötigt werden.
Im Bericht der Bundesregierung geben denn auch 56 Prozent der Ganztagsleitungen und 90 Prozent der Schulleitungen an, einen hohen zusätzlichen Personalbedarf zu haben. Gleichzeitig sind die Kolleginnen und Kollegen, die im Augenblick im Ganztag arbeiten, an ihren Belastungsgrenzen.
Pädagogische Qualität droht auf der Strecke zu bleiben
Ein Problem ist die Sicherung der pädagogischen Qualität der Angebote im Ganztag. Der amtierende Bundesbildungsminister Cem Özdemir (Grüne) betonte bei der Vorstellung des Berichts zwar, dass die Qualität der Ganztagsangebote „entscheidend“ sei und man „verstärkt Fachkräfte ausbilden“ wolle. Doch die Bundesregierung muss mit Blick auf die Zahlen auch auf Quereinsteigende setzen und nicht-pädagogische Fachkräfte einstellen, um die Personallücke zu schließen.
"Es ist höchste Zeit, dass wir die Forderungen nach einem qualitativ guten Ganztag ernst nehmen und den politischen Willen zeigen, diese umzusetzen.“ (Doreen Siebernik)
Die GEW kritisiert das und fordert fachlich fundierte Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für die Beschäftigten. „Die Qualität der Ganztagsangebote muss genauso im Mittelpunkt stehen wie die Zahl der Plätze“, sagt Anja Bensinger-Stolze, Vorstandsmitglied Schule. Und Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, ergänzt: „Der Ausbau der Ganztagsförderung darf nicht an finanziellen oder strukturellen Hürden scheitern. Es ist höchste Zeit, dass wir die Forderungen nach einem qualitativ guten Ganztag ernst nehmen und den politischen Willen zeigen, diese umzusetzen.“
Es sei ein systemisches Problem, wenn zwar der Rechtsanspruch auf Ganztag garantiert werden solle, aber nicht einmal bekannt sei, wer vor Ort eine qualitative Umsetzung möglich machen soll. Die zukünftige Bundesregierung müsse zügig eine solide Datengrundlage schaffen, um die unterschiedlichen Bedarfe auch unterschiedlich adressieren zu können.