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AGV-Tagung

Digitalisierung gestalten

Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt ist auch für die Beschäftigten des Goethe-Instituts spürbar - und verursacht zusätzlichen Druck und Stress. Wie wir Digitalisierung gemeinsam besser gestalten können, war Thema einer Fachtagung.

Moodle, OSKA, Facebook, SAPHIR, S4B, Webshop, Twitter, SAP, Adobe Connect: Die Liste auf dem Flipchart wurde länger und länger. Kaum eine Entwicklung prägt die Arbeitsbedingungen am Goethe-Institut in den vergangenen Jahren so einschneidend wie die Digitalisierung. Die Bilanz der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Fachtagung des  Arbeitsgruppenvorstandes Goethe-Institut (AGV) am 25. und 26. Mai 2019 in Steinbach am Taunus ist ernüchternd: So, wie es bisher läuft, ist der Digitalisierungsprozess vor allem eine zusätzliche Belastung.

„STRESS“ prangt groß in der Mitte eines Plakats mit gesammelten Erfahrungen. Statt sie zu vereinfachen, werden viele Arbeitsabläufe durch ständig neue Software, Updates und Anforderungen aufwändiger und komplizierter. Häufig sehen sich die Kolleginnen und Kollegen mit nicht funktionierender Software, fehlenden Schnittstellen sowie unzureichendem Support und mangelnden Schulungsangeboten konfrontiert. Mit mobilem Arbeiten und neuen Kommunikationsmedien geht die Erwartung ständiger Erreichbarkeit einher.

„Mit zunehmender Entgrenzung der Arbeit steigt auch das Risiko schwerer Erkrankungen.“

In ihrem Vortrag erläuterten Prof. Dr. Wolfgang Menz und Iris Nowak von der Universität Hamburg, wie vor dem Hintergrund einer zunehmend ziel- und erfolgsorientierten Leistungssteuerung Digitalisierung die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zunehmen verschwimmen. Die Frage, wo, wann und wie lange sie arbeiten, wird zunehmend den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern selbst aufgebürdet. Sie müssen die Grenzen ziehen. Zugleich steigt der Erwartungsdruck, sich flexibel und einsatzbereit zu zeigen und ständig erreichbar zu sein. Dabei sei die Studienlage eindeutig: „Mit zunehmender Entgrenzung der Arbeit steigt auch das Risiko schwerer Erkrankungen.“

Die Grenzen zu ziehen darf also nicht den einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern überlassen werden. Wie man Digitalisierung kollektiv besser gestalten könne, zeigte Sandra Mierich vom Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung der Hans-Böckler-Stiftung anhand zahlreicher Beispiele. Mit tarifvertraglichen und betrieblichen Vereinbarungen könnten nicht nur die Beschäftigten vor Entgrenzung und Verdichtung ihrer Arbeit geschützt werden, sondern auch die positiven Potentiale der Digitalisierung entfaltet werden. Stichworte hier sind verbesserte Arbeitsbedingungen und mehr Freiheit der Beschäftigten zum Beispiel bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Führungskräfte müssen Vorbild sein

Davon inspiriert entwickelten die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer konkrete Vorschläge, wie Digitalisierung am Goethe-Institut künftig besser gestaltet werden solle. Bestehende Betriebsvereinbarungen müssten dafür aktualisiert und weiterentwickelt, neue Vereinbarungen geschlossen werden. Die Führungsleitlinien müssten ergänzt werden, damit Führungskräfte auch im Umgang mit der Digitalisierung eine Vorbildfunktion hätten. Nur wenn sie selbst nicht ständig erreichbar seien und zum Beispiel nicht am Wochenende Mails verschickten, könnten sie glaubhaft darstellen, dass sie dies auch nicht von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwarteten.

Das gemeinsame Fazit der Tagung: Wir wollen Digitalisierung so gestalten, dass sie die Arbeitsbedingungen verbessert – und wir haben die Möglichkeit dazu. Wir wollen die Kolleginnen und Kollegen ermutigen, gemeinsam ans Werk zu gehen. Das wird ein langer Weg, aber es lohnt sich, ihn zu gehen.