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Bittere Schokolade

Onlineseminar zu Kinderarbeit in der Kakaoproduktion

Wer Schokolade isst, muss wissen, dass darin Kinderarbeit steckt. Mit einem Lieferkettengesetz sollen Unternehmen verpflichtet werden, Verantwortung zu übernehmen. Darüber informierte ein Onlineseminar der Menschenrechtsorganisation FIAN.

Kinderarbeit auf einer Kakao-Plantage in Ghana (Foto: Südwind/Christina Schröder)

Freiwilligkeit reicht nicht aus: Das ist auf den Punkt gebracht die Erfahrung aus 20 Jahren Selbstverpflichtung der Schokoladenindustrie zur Abschaffung von Kinderarbeit im Kakaoanbau. Rund 70 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion stammen aus nur zwei westafrikanischen Ländern: Ghana und der Elfenbeinküste. Die wichtigste Zutat für Schokolade wird dort vielfach von Kindern unter schlimmen Arbeitsbedingungen geerntet. Noch immer schuften mehr als zwei Millionen Kinder auf afrikanischen Kakaoplantagen. Keiner der großen Schokoladenhersteller kann bisher ausschließen, dass in seiner Schokolade Kinderarbeit steckt.

Unerfüllte Versprechen

Armut und fehlende Bildungsmöglichkeiten gehörten zu den wichtigsten Ursachen von Kinderarbeit. Darauf wies Johannes Schorling, Eine-Welt-Promotor beim INKOTA-Netzwerk in Berlin und Mitglied im Steuerungskreis der Initiative Lieferkettengesetz, in seiner Präsentation während des Onlineseminars „Kinderarbeit für Schokolade – Wie könnte ein Lieferkettengesetz dagegen helfen?“ hin. An der von FIAN Deutschland, einer Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung organisierten Veranstaltung nahmen am 3. Juni 2020 rund 150 Interessierte teil.

Die Preise, die den Kleinbauern in den Kakaoregionen gezahlt würden, seien viel zu niedrig für ein existenzsicherndes Einkommen, sagte Schorling. Bereits 2001 hätten die Konzerne der Schokoladenindustrie versprochen, bis 2005 die „schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu beenden“. Damit wollte man seinerzeit einer drohenden gesetzlichen Regelung in den USA zuvorzukommen. Das Ergebnis ist ernüchternd: „Die Schokoladenindustrie ist bei der Bekämpfung von Kinderarbeit gescheitert“, schrieb das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ Anfang Mai mit Verweis auf aktuelle Studien.

Unternehmen unterstützen Lieferkettengesetz

Die Schokoladenindustrie ist ein Beispiel dafür, warum Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen in Deutschland nicht länger auf Freiwilligkeit setzen wollen. Sie fordern von der Bundesregierung jetzt ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards zwingt und ihnen eine Sorgfaltspflicht auch für Zulieferer abverlangt. Damit sind sie nicht allein: Auch mehrere Firmen wie Mars, Ritter Sport oder Nestlé, die für sich bereits Maßnahmen zur Sorgfaltspflicht getroffen haben, unterstützen die Forderung nach einem Lieferkettengesetz. Sie erhoffen sich dadurch fairere Wettbewerbsbedingungen gegenüber Unternehmen, die eine solche Sorgfaltspflicht bisher ablehnen.

Türkische Kinder pflücken Haselnüsse

Kein Thema im Onlineseminar war die Kinderarbeit in der Haselnussproduktion in der Türkei. Haselnüsse sind wichtiger Bestandteil vieler Schokoladenprodukte. 70 Prozent aller Haselnüsse weltweit stammen von der türkischen Schwarzmeerküste. Geerntet werden sie vielfach von Wanderarbeitern und ihren Familien aus den armen Kurdenregionen im Südosten des Landes. Kinderarbeit ist weit verbreitet, worauf die GEW bereits 2013 mit einem Video „Türkische Kinder pflücken für uns Haselnüsse“ aufmerksam machte.

Hauptabnehmer der türkischen Haselnüsse mit rund einem Drittel der gesamten Ernte ist Ferrero, Hersteller von Produkten wie Nutella, Hanuta und Duplo. Ferrero suche seinerzeit das Gespräch mit der GEW und versprach Besserung. Doch bisher passierte wenig, wie eine Reportage der britischen BBC im vergangenen Jahr dokumentierte. Bis zu zehn Stunden täglich müssen Kinder für einen Tageslohn von umgerechnet 15 Euro arbeiten. Ferrero gehört nicht zu den Unternehmen, die ein Lieferkettengesetz unterstützen.