Stand auf der didacta
Offener Brief
Die GEW tritt für körperliche Selbstbestimmung ein und kritisiert in einem offenen Brief, dass die didacta dem Verein ALfA e.V. erlaubt hat, einen Stand auf der Bildungsmesse anzubieten. Das sei eine „fahrlässige Fehleinordnung des Vereins“.
Offener Brief
6. März 2023
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit Verwunderung haben wir festgestellt, dass neben vielen namhaften Akteur*innen der Bildung und Didaktik in Deutschland auch der ALfA e.V. einen Stand auf der didacta anbieten wird. Die Verwunderung wird schnell zu Verärgerung, da deutlich wird, dass es sich hier nicht um ein Versehen seitens der didacta handelt, sondern um eine fahrlässige Fehleinordnung des Vereins.
ALfA e.V. ist einer der ältesten Vereine in Deutschland, die über viele Wege versuchen, politische und gesellschaftliche Diskurse und Aktionen gegen geschlechtliche und sexuelle Selbstbestimmung voranzutreiben. Der Verein nutzt dabei bewusst manipulative, oft auch aggressive Methoden die aktive Verbreitung von Falschinformationen.
Sowohl Methoden als auch Inhalt der Arbeit von ALfA e.V. stehen im eklatanten Widerspruch zu den Werten, denen wir uns als Gewerkschaft und Vereine verpflichtet fühlen. Sie widersprechen obendrein den Werten, die die didacta durch ihr Bekenntnis zur Charta der Vielfalt selbst vorgibt zu vertreten.
ALfA e.V. agitiert für die Diskriminierung von queeren Lebensweisen und spricht Regenbogenfamilien die Gleichwertigkeit zu heteronormativen Familienkonzepten ab. Sie setzt sich gegen Gesetze und pädagogische Unterstützung ein, die trans* Personen geschlechtliche Selbstbestimmung ermöglichen. Entsprechende Desinformation und Stimmungsmache versucht sie gezielt in Lehrkontexte zu platzieren. Ihr auf der didacta einen Stand zu geben, unterstützt diese Vorhaben und erweckt den Anschein einer Legitimierung von anti-queerer und anti-trans* Propaganda.
Die von ALfA e.V. verbreiteten Plastik-Föten, die Aktivist*innen von ALfA e.V. auch im Rahmen übergriffiger Gehsteigbelästigungen von Besucher*innen von Beratungsstellen und medizinischen Versorgungseinrichtungen aufdrängen, entsprechen nicht dem tatsächlichen Entwicklungszustand von Föten zu der Zeit, die häufig vom Verein dazu genannt wird. Diese als Unterrichtsmaterial an Schulen zu senden oder der Arbeitsauftrag, Kinderbettchen basteln zu lassen, sind ein gefährlicher Missbrauch der Autorität von Schulen für Wissensvermittlung. Dass ALfA keine konstruktive und diversitätsbewusste Bildung und Erziehung leistet, zeigt nicht zuletzt die Teilnahme des Vereins an den fundamentalistischen "Märschen für das Leben" gegen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und queeren Menschen (der Verein ist zudem Mitglied im "Bundesverband Lebensrecht e.V." (BVL), der Ausrichter des "Marsches für das Leben" ist) sowie der Kooperation des Vereins mit rechten Aktionsgruppen und Publikationen (Zuerst, Junge Freiheit, Compact).
Wir fordern die Veranstalter*innen der didacta daher auf, Organisationen wie ALfA e.V. nicht auf der Messe ausstellen zu lassen. Die Eingliederung solcher Organisationen zwischen Bildungseinrichtungen und Fachpersonal ist nicht zu tolerieren und hätte so nicht ermöglicht werden dürfen. Die gute und wertvolle Arbeit von vielen Aussteller*innen auf der didacta wird nicht angemessen gewürdigt, wenn die Teilnahme an der didacta nicht mit entsprechenden Qualitätsansprüchen verbunden wird.
Wir möchten betonen, dass von rechtspopulistischen, fundamentalistischen, queer*- und trans*feindlichen "Bildungsinitiativen" eine Gefahr für demokratische Grundwerte wie auch für betroffene Kinder, Jugendliche, Pädagog*innen und Lehrpersonal ausgeht. Vor entsprechenden Programmen wie denen von ALfA e.V. gilt es zu warnen, und ihnen gilt es keinen Platz auf der didacta, insbesondere keinen an unserer Seite, zu gewähren.
Maike Finnern
Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)