GEW kritisiert „Festival für Finanzbildung“
„Öffentliche Bildung nicht missbrauchen“
Die GEW sieht die Initiative „Mit Geld und Verstand“ der Bundesministerien für Finanzen und Bildung äußerst kritisch und warnt davor, dass künftig noch mehr privatwirtschaftliche Interessen in Schulen Einzug halten.
„Öffentliche Bildung darf nicht auf ein Instrument zur Wirtschafts- und Finanzmarktförderung reduziert werden“, sagte Maike Finnern, Vorsitzende der GEW, mit Blick auf das heutige Finanzbildungsfestival „Mit Geld und Verstand“ der Bundesministerien für Finanzen und Bildung. Sie betonte, dass die GEW die Initiative, die Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (beide FDP) ins Leben gerufen haben und die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) unterstützt wird, „äußerst kritisch sieht“.
„Wer junge Menschen unterm Strich als künftige Käuferinnen und Käufer auf Finanzmärkten oder privater Altersvorsorgeprodukte in den Fokus stellt, betreibt ideologische Schmalspurbildung.“ (Maike Finnern)
„Wer junge Menschen unterm Strich als künftige Käuferinnen und Käufer auf Finanzmärkten oder privater Altersvorsorgeprodukte in den Fokus stellt, betreibt ideologische Schmalspurbildung“, spitzte Finnern das Anliegen der Initiative zu. Diese formuliere „Wirtschaftswachstum“, eine „höhere Bereitschaft und Fähigkeit zur Partizipation am Kapitalmarkt“ sowie eine Verbesserung des individuellen Wohlergehens explizit als Ziele. Damit werde die Verantwortung für den eigenen und den gesellschaftlichen Wohlstand letztlich sogar für die Finanzmarktstabilität zur persönlichen Angelegenheit der Lernenden erklärt.
„Wenn auf der einen Seite das Bürgergeld schlechtgeredet und entkernt, die Kindergrundsicherung bis aufs Skelett kleingespart, auf der anderen Seite aber die Finanzbildung als Motor für ‚Chancengerechtigkeit‘ und Wohlstand ausgerufen wird, ist das zynisch“, betonte Finnern.
Kritik an Kürzungen bei BNE und Verbraucherbildung
Finnern kritisierte zugleich die dem Vernehmen nach geplanten Haushaltskürzungen des Bundes bei Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und Verbraucherbildung: „Gerade Verbraucherbildung und BNE sind für die Bildungsziele Mündigkeit, Kritikfähigkeit und Urteilskompetenz zentral.“ Wenn jedoch stattdessen neun Millionen Euro jährlich in eine Stiftung für Finanzbildung gesteckt würden, wie dies der Gesetzesentwurf vorsehe, sei das ein Zeichen für das „reduzierte Bildungsverständnis und die Einseitigkeit dieser Initiative“. Das Projekt habe erhebliche Defizite mit Blick auf Wissenschaftsbezug, Pluralität und Kontroversität. Diese seien aber die Grundprinzipien nicht nur der schulischen, sondern der gesamten öffentlich verantworteten Bildung.
Schulen vor Lobbyismus schützen
Die GEW-Chefin sieht die Gefahr, dass über die ministerielle Finanzbildungsinitiative, zum Beispiel mit der sogenannten „Finanzbildungsplattform“, künftig noch mehr unausgewogene Inhalte und privatwirtschaftliche Interessen in Schulen Einzug halten. „Das Lernen sowie die Kinder und Jugendlichen müssen in öffentlichen Einrichtungen vor Werbung, Kommerz und Wirtschaftslobbyismus geschützt werden. Das ist bei dieser Initiative nicht gewährleistet“, hob Finnern hervor.
Info: Am 15. Oktober 2024 veranstalten das Bundesfinanz- und das Bundesbildungsministerium das „Festival für Finanzbildung ‚Mit Geld und Verstand“. Laut Website des Finanzministeriums sind „50 Programmpunkte rund um die Themen Finanzgrundbildung, Sparen und Altersvorsorge, Forschung, Digitale Finanzdienstleistungen, Kapitalmarkt, Kreditnutzung und Nachhaltigkeit“ geplant. Erwartet werden „ca. 600 Lehrende aus allen Schulformen, Fachkräfte aus der Sozial- und Jugendarbeit sowie der Schuldenberatung, dem Verbraucherschutz und viele weitere Multiplikator/-innen“.