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fair childhood - Bildung statt Kinderarbeit

Noch schneller, noch schmutziger

Der chinesische Online-Händler Shein setzt den Missständen rund um Ultra Fast Fashion noch einen drauf. Das Thema lässt sich im Unterricht und in Arbeitsgemeinschaften gut aufbereiten.

Die Näherinnen, die bei den kleinen Zulieferern von Shein arbeiten, sind die Verliererinnen des Booms des chinesischen Konzerns. (Foto: Public Eye)

Die Jeans für 15 Euro, der Trenchcoat für 21 – mit solchen Spottpreisen kommt die chinesische Online-Plattform Shein bei jungen Menschen gut an. Mehrere Tausend neue Designs wirft Shein täglich auf den Markt, viele ähneln den angesagten Outfits bekannter Marken. „Was gerne gekauft wird, ermittelt ein Algorithmus“, sagt Berndt Hinzmann vom entwicklungspolitischen Netzwerk Inkota. Damit verdient das Unternehmen Milliarden. Wie viel genau, hält der Konzern mit Sitz in Südchina geheim.

Nicht zu den Gewinnern des Shein-Booms gehören nach Ansicht von Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen die Arbeiterinnen und Arbeiter, die die Kleidung überwiegend in China, aber auch in der Türkei und in Brasilien nähen, bügeln, verpacken, verladen, oft via Flieger verschicken. Zwar verdienen die Beschäftigten laut der Schweizer Nichtregierungsorganisation (NGO) Public Eye in China umgerechnet rund 800 Euro pro Monat – das entspricht dort einem existenzsichernden Einkommen. „Dennoch bleibt es Ausbeutung“, sagt David Hachfeld. 

„Shein produziert neben schlechten Arbeitsbedingungen auch Müll." (Berndt Hinzmann)

Er recherchiert für Public Eye über Shein. Für diesen Monatslohn arbeiten die Näherinnen im Akkord. Und faktisch in einer Doppelschicht, oft täglich zwölf Stunden oder mehr, häufig ohne Vertrag und Sozialleistungen – und in der Regel mit nur einem freien Tag pro Monat. Auf der Homepage sheingroup.com schreibt der Konzern in seiner Selbstdarstellung dagegen, er handele „verantwortungsvoll und ethisch“ und befolge die Vorgaben der Internationalen Arbeitsorganisation ILO.

„Shein produziert neben schlechten Arbeitsbedingungen auch Müll“, kritisiert Inkota-Vertreter Hinzmann. Hachfeld bestätigt das: „Shein stellt sein Modell zwar als nachhaltig dar und argumentiert, man verarbeite recycelte PET-Flaschen und produziere pro Design nur kleine Stückmengen, also nicht auf Halde – aber das halte ich für höchst fragwürdig, wenn zugleich Impulskäufe angeheizt werden.“ NDR-Recherchen belegten eine minderwertige Qualität der untersuchten Kleidungsstücke. Einige waren laut Greenpeace mit Substanzen belastet, die Krebs erzeugen oder die Fortpflanzung beeinträchtigen können.

Schule kann sensibilisieren

Sollten Verbraucherinnen und Verbraucher Shein also boykottieren? „Einen einzelnen Akteur zu blockieren, greift zu kurz – auch viele andere Modehändler zahlen schlechte Löhne oder verschmutzen die Umwelt“, sagt Hachfeld. Letztendlich zeige Shein nur, „was in einem Markt passiert, der nicht reguliert wird – Shein setzt nur noch einen drauf“. Bei einem Geschäftsmodell, das wie das von Shein auf Social Media setzt sowie Influencerinnen und Influencer einspannt, komme auch Verbraucheraufklärung im Unterricht an Grenzen, sagt Inkota-Vertreter Hinzmann: „Das kann Schule allein nicht leisten, das muss woanders geregelt werden.“ Sowohl die Ökodesign-Richtlinie der Europäischen Union, die ab 2028 die Vernichtung von Überschussware verbietet, als auch die neuen Vorschriften für die digitale Plattformwirtschaft seien ein erster Schritt, sagen NGOs wie Inkota und Public Eye.

Doch Schule kann sensibilisieren. Und wichtige Fragen stellen. Hachfeld hat beim Besuch von Schulen in der Schweiz beobachtet, „dass Jugendliche in den Diskussionen oft eine Regulierung dieser Konzerne und Geschäftsmodelle fordern und fragen, warum ist das überhaupt erlaubt und warum tut da keiner was“. Sein Rat an Lehrkräfte: Mit den Schülerinnen und Schülern nicht nur über die eigenen Konsummuster sprechen, „sondern sie fragen: Was wären denn für euch wichtige Ansätze, was muss sich politisch ändern?“ Dann, ist Hachfeld überzeugt, „bleiben die Kinder und Jugendlichen eher am Thema“.