Jeder Junge und jedes Mädchen, der oder das sich ab dem neuen Schuljahr an die Schulsozialarbeit seiner Schule wenden will, muss einen vierseitigen Fragebogen abgeben. Neben Personenangaben, die anonymisiert an die EU übermittelt werden sollen, enthält das Dokument auch Fragen zum Migrationshintergrund, zur Erwerbs- und Familiensituation der Eltern oder zu etwaigen Behinderungen. Schätzungen sprechen von bis zu 70.000 jungen Menschen, die diese Regelung betrifft.
Sachsen-Anhalt ist dabei ein Einzelfall: Das Land finanziert Schulsozialarbeit kaum über Landesmittel oder die Kommunen, sondern hauptsächlich über ein Programm namens „Schulerfolg sichern“. Darüber fließen Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) an Freie Träger der Jugendhilfe, die die Sozialarbeit an den Schulen organisieren. Die ESF-Abrechnungsmodalitäten wiederum sehen eine Evaluation vor, um zu überprüfen, ob die Mittel auch zielgerichtet eingesetzt werden.
Daher hat der sachsen-anhaltinische Bildungsminister Marco Tullner (CDU) keine andere Wahl, als die angeforderten Daten erheben zu lassen. Reichen Sozialarbeiter und ihre Träger die Fragebögen nicht ein, droht dem Land der Verlust der EU-Mittel: 118 Millionen Euro über mehrere Jahre verteilt – eine Summe, die Sachsen-Anhalt aus eigener Kraft kaum stemmen kann.
Seit Wochen protestieren GEW, Opposition und Freie Träger der Sozialhilfe gegen diese Praxis. Sozialarbeiter weisen darauf hin, dass die Zugangshürden für junge Menschen drastisch erhöht und damit Schulsozialarbeit ad absurdum geführt werde. Noch weiß niemand, wie viele Jugendliche sich abschrecken lassen. Aber jeder, der nicht erreicht wird, sei ein Rückschlag für das Land, das seit langem mit erheblichen sozialen Problemen zu kämpfen habe, heißt es aus der GEW in Sachsen-Anhalt.
Der komplette Artikel von Felix Knothe ist in der Septemberausgabe der "E&W" nachzulesen.