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Zukunftsforum Lehrer_innenbildung: Fachtagung diskutiert GEW-Leitlinien

Digitalisierung, inklusive Bildung, Heterogenität – mit wachsenden Herausforderungen an den Schulen steigen die Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer.

Foto: Dirk Lässig

Wie eine innovative Reform der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern aussehen soll, stand im Mittelpunkt des "Zukunftsforums Lehrer_innenbildung", dessen dritte öffentliche Fachtagung am 17. November in Berlin stattfand.

Wie können die drei Phasen der Lehrerinnen- und Lehrerbildung – Studium, Vorbereitungsdienst und Fort- und Weiterbildung – besser aufeinander abgestimmt werden? Wie kann inklusive Bildung flächendeckend umgesetzt werden? Wie können Theorie und Praxis im Lehramtsstudium besser miteinander verknüpft werden? Über Fragen wie diese diskutierten über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Expertinnen und Experten aus der Kultusministerkonferenz, den Hochschulen, der Erziehungswissenschaft und der Bildungsgewerkschaft GEW.

In einem Thesenpapier, das die Vorstandsmitglieder Frauke Gützkow (Frauenpolitik), Ilka Hoffmann (Schule), Ansgar Klinger (Berufliche Bildung und Weiterbildung) und Andreas Keller (Hochschule und Forschung) gemeinsam vorlegten, formuliert die GEW Anforderungen an die aus Sicht der Bildungsgewerkschaft überfällige Reform der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. So schlägt die GEW vor, dass alle künftigen Lehrerinnen und Lehrer schon während ihres Studiums eine inklusionspädagogische Qualifizierung erfahren sollen. Die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern habe sich künftig nicht mehr an den unterschiedlichen Schulformen, sondern an den Schulstufen (Primar- und Sekundarstufe) zu orientieren und gleich lang und gleichwertig für alle Lehrämter zu sein. Die Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern soll ausgebaut werden, Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger müssen einen Anspruch auf berufsbegleitende Nachqualifizierung bekommen, so das GEW-Thesenpapier.

Unterstützung erhielt die GEW von dem Bildungsforscher Professor Ewald Terhart, Universität Münster, der vor 15 Jahren die nach ihm benannte "Terhart-Kommission" der Kultusministerkonferenz zur Reform der Lehrerinnen- und Lehrerbildung geleitet hat. "Die Fort- und Weiterbildung für Lehrkräfte ist im internationalen Vergleich völlig unterentwickelt", betonte Terhart. "Diese Asymmetrie ist eines der grundlegenden Probleme in Deutschland." In seinem Vortrag zeigte er unterschiedliche Szenarien für die Zukunft der Lehrerinnen- und Lehrerbildung auf. Die GEW rief er auf, eine hohe "Enttäuschungsresistenz" zu haben – nur so könne man kontinuierlicher Akteur auf der "Dauerbaustelle Lehrerbildung" sein.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion nahmen der Vorsitzende der Kommission Lehrerbildung der Kultusministerkonferenz, Staatssekretär Manuel Lösel (Hessisches Kultusministerium), die Prorektorin der Universität Duisburg Essen, Professorin Isabell van Ackeren, sowie die stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, Professorin Tina Hascher, zu den Reformvorschlägen der GEW Stellung. Es zeigte sich, dass die GEW bei vielen Forderungen mit Unterstützung der Länder, der Hochschulen und der Wissenschaft rechnen kann – sei es die bessere institutionelle Anbindung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung an die Hochschulen oder eine bessere Verflechtung der Ausbildungsinhalte und Phasen. In anderen Fragen zeichneten sich Kontroversen ab. Widerspruch gab es etwa von Seiten des Vertreters der Kultusministerkonferenz gegenüber den Vorschlägen der GEW, die Ausbildung an Schulstufen auszurichten. Der GEW-Forderung nach freiem Hochschulzugang setzte er das Modell einer "Eignungsklärung" entgegen.

Andreas Keller, im Geschäftsführenden Vorstand der GEW federführend für Lehrerinnen- und Lehrerbildung verantwortlich, zeigte sich zuversichtlich, dass die Bildungsgewerkschaft mit ihren Reformvorschlägen wirksam werden könne. "In der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts bekommt eine qualitativ hochwertige Bildung für alle einen immer höheren Stellwert. Dies setzt hoch qualifizierte und ausreichend unterstützte Lehrerinnen und Lehrer voraus. Das sollte ein gemeinsamer Ansatz für Bund und Länder, Schulen und Hochschulen, Arbeitgeber und Gewerkschaften werden." Bund und Länder forderte er auf, durch eine Aufhebung des Kooperationsverbots und einen Kurswechsel in der Steuer- und Finanzpolitik für die Finanzierung der dringend benötigten Ressourcen zu sorgen.

Die Ergebnisse des Zukunftsforums Lehrer_innenbildung werden dem nächsten Gewerkschaftstag der GEW vorgelegt, der im Mai 2017 in Freiburg zusammentreten und über die vom Forum ausgearbeiteten "Leitlinien für eine innovative Lehrer_innenbildung" entscheiden wird.