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Ziel verfehlt: Bildungsgipfel nur Theater

Selten war sich die öffentliche Meinung so einig: Der gestrige "Bologna-Gipfel", zu dem Bundesbildungsministerin Annette Schavan eingeladen hatte, war nicht mal ein Maulwurfshügel. „Um im Bild zu bleiben, müsste man eher von einer Grube reden,“ bewertet Dr. Andreas Keller, GEW-Vorstandsmitglied und Leiter des Vorstandsbereichs Hochschule und Forschung, das Treffen und nennt die Gründe.

„Die Ministerin wiederholte zwar ihre Ankündigung, einen 'Qualitätspakt Lehre' als dritte Säule des Hochschulpakts vorzulegen, aber ein Konzept dafür legte sie nicht auf den Tisch“, kritisiert Keller. Die Eckpunkte würden nicht mit Hochschulen, Studierenden, Lehrenden und Gewerkschaften verhandelt, sondern unter Ausschluss der Öffentlichkeit von einer Bund-Länder-Staatssekretäre-Arbeitsgruppe. Alles laufe darauf hinaus, dass die vom Bund in Aussicht gestellten 200 Millionen Euro die Qualität der Lehre und die Betreuung der Studierenden nicht in der Fläche verbessern, sondern nach der Logik der Exzellenzinitiative nur wenigen Eliteuniversitäten zu Gute kommen werden.


Kein "starkes Signal für bessere Lehre"

Der GEW-Experte bemängelt auch die fehlende Bereitschaft, die Vorgaben für die Bachelor- und Masterstudiengänge zu ändern. Die Überarbeitung der Strukturvorgaben stand nicht auf der Tagesordnung des Gipfels. Zu einer wirklichen Lockerung der strengen Vorgaben, zu einer Rückführung der Prüfungsdichte, zu einem Abbau des übermäßigen Workloads für Studierende und Lehrende und zu einer Öffnung des Masterstudiums für alle Bachelor-Absolventinnen und Absolventen, die weiter studieren möchten, kam es nicht. 

„Insgesamt unzufrieden sind wir mit der Beteiligung der Gewerkschaften“, setzt Keller die Mängelliste fort. „Bei der Formulierung der Anforderungen der beruflichen Praxis an die neuen Studienabschlüsse waren die Gewerkschaftsvertreter außen vor. Die Gewerkschaften, die im Bologna-Prozess auf europäischer Ebene als Stimme der Hochschulbeschäftigten und der beruflichen Praxis selbstverständlich auf Augenhöhe beteiligt werden, waren nicht gefragt.“

Folglich sei das eigentliche Ziel des unter dem Eindruck der Bildungsproteste von 2009 angekündigten "Bologna-Gipfels", gemeinsam mit allen an den Reformen beteiligten Akteuren - Bund und Länder, Hochschulen und Studierende, Gewerkschaften und Arbeitgeber - Eckpunkte eines Kurswechsel auszuhandeln, im Ansatz verfehlt worden. Die 75 Teilnehmerinnen und Teilnehmer seien ohne konkrete Ergebnisse auseinander gegangen, und das Resümee habe die Bundesbildungsministerin dem Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner überlassen. 

Das Fazit des GEW-Vertreters: „Die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern lassen sich zum Jagen ganz offensichtlich nur tragen. Erst unter dem Eindruck der Bildungsproteste ließen sich Bund und Länder überhaupt auf Diskussionen über Kurskorrekturen ein.“ Nun seien Studierende und Hochschulbeschäftigte, Lehrende und Lernende, die Bildungsgewerkschaft GEW und der DGB gefragt, den Politikerinnen und Politiker im Vorfeld des nächsten Gipfels Beine zu machen.