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Worum geht es beim Streit um das Kooperationsverbot?

Kippt das Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung in dieser Legislaturperiode? Nach dem Regierungsverlust von Rot-Grün in Niedersachsen ist alles wieder offener. Gelockert ist das Verbot bereits.

Die SPD hat im Bundestagswahlkampf die vollständige Abschaffung des Kooperationsverbotes versprochen, die Grünen – mit Ausnahme ihres baden-württembergischen Landesverbands – machen seit jeher Front gegen die Regelung, ein FDP-geführtes Bildungsministerium würde dem Verbot vermutlich endgültig den Todesstoß versetzen. Vorsichtige Signale kommen auch aus Teilen der CDU. Doch worum geht es bei dem komplizierten juristischen wie politischen Streit eigentlich?

Im Grundgesetz taucht das Wort Kooperationsverbot gar nicht auf. Es geht um ein Konstrukt aus mehreren Verfassungsartikeln – insbesondere über die Kulturhoheit der Länder, ihre Befugnisse „zur Erfüllung staatlicher Aufgaben“ sowie die für diese unter Umständen notwendige und mögliche Beteiligung durch den Bund. Bei der Föderalismusreform und dem damit in die Verfassung eingefügten Kooperationsverbot ging es 2006 nämlich nicht um bildungspolitische Fragen, sondern um Machtpolitik. Auslöser waren mehrere von Rot-Grün ab 2003 verlorene Landtagswahlen. Durch Entgegenkommen an die Länder hoffte man im Tausch an anderer Stelle im Bundesrat wieder mehr Handlungsfreiheit zu bekommen, zum Beispiel bei Steuergesetzen. 

Dreimal schon wurde das Kooperationsverbot in der Bildungspolitik seither geändert. Zum ersten Mal bereits unmittelbar vor seiner Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat, indem dem Bund doch erlaubt wurde, Projekte in der Wissenschaft von gesamtstaatlicher Bedeutung zumindest befristet zu fördern. 2014 wurde dann die Befristungsregelung per Verfassungsänderung gestrichen. Nach dem neugefassten Artikel 91b ist nun eine Förderung in der Wissenschaft durch den Bund auch dauerhaft möglich – allerdings nur sofern sämtliche Bundesländer dem zustimmen.

Noch weitergehend ist die Verfassungsänderung für den Schulbereich, die erst im zurückliegenden Sommer von Bundestag und Bundesrat mit der Bund-Länder-Finanzreform verabschiedet wurde. Nach dem neuen Artikel 104c kann der Bund den Ländern „Finanzhilfen für gesamtstaatlich bedeutsame Investitionen der finanzschwachen Gemeinden im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur gewähren“. Als erstes Projekt hat der Bund für die nächsten Jahre gut fünf Milliarden Euro zur Schulgebäudesanierung zur Verfügung gestellt. Auch die Neuauflage eines Ganztagsschulprogrammes des Bundes wie auch Unterstützungsprojekte zur Inklusion wären demnach rechtlich möglich.

Der Hintergrund von Karl-Heinz Reith ist in voller Länge in der Novemberausgabe der „E&W“ nachzulesen.