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Wirtschaftsmythen contra Fakten - Teil 6

Der Berliner Wirtschaftsprofessor Sebastian Dullien sagt: "Schäubles Schwarze Null hat null Sinn." Der nächsten Generation übergibt der Bundesfinanzminister so unter anderem schlecht ausgestattete Schulen, wie die Serie Wirtschaftsmythen erklärt.

Mythos:

"Schuldenfreiheit ist der beste Beitrag zur Generationengerechtigkeit."

 

Fakt:

"Marode Infrastruktur und Schulen, löchrige Straßen und soziale Spaltung berauben junge Menschen ihrer Chancen."

Der Verzicht auf neue Schulden sei "der beste Beitrag zur Generationengerechtigkeit, den wir für die Jungen, die Kinder und die Enkel leisten können", verkündet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Die Schwarze Null ist ein historischer Erfolg", jubelt die Union. Wie in kaum einem anderen Staat wird in Deutschland dem ausgeglichenen Haushalt gehuldigt. Die Schwarze Null dient als Mythos, um unnötige und schädliche Kürzungen zu rechtfertigen. Der Berliner Wirtschaftsprofessor Sebastian Dullien drückt das so aus: "Schäubles Schwarze Null hat null Sinn."

Was ein Finanzminister für die Zukunft leistet, bemisst sich nicht allein an der Nettokreditaufnahme. An die nächste Generation gibt er auch eine marode Infrastruktur, schlecht ausgestattete Schulen, löchrige Straßen und eine soziale Spaltung, die massenweise junge Menschen ihrer Chancen beraubt. In vieler Hinsicht lebt Deutschland von der Substanz. Die Investitionslücke beträgt nach Schätzung von Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, 100 Milliarden Euro. Gerade bei den aktuellen Minizinsen ist es unverantwortlich, diese Last der nächsten Generation aufzubürden. Jeder Unternehmensleiter, der bei so günstigen Finanzierungsbedingungen nicht mehr investierte und das Wachstum der Firma ankurbelte, würde gefeuert. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lässt sich für diese Versäumnisse jedoch feiern.

Schon im 19. Jahrhundert erkannten Ökonomen, dass die Klage über die Last für die Nachfahren in die Irre führt. Die nächste Generation erbt nicht nur die Schulden, sondern auch die Schuldpapiere, die den Anspruch auf Rückzahlung sichern. Nur wenn sich der Staat im Ausland verschulden müsste, würde Deutschland Kredite auf Kosten der Kinder und Enkel aufnehmen. Tatsächlich finden sich aber hierzulande genügend Abnehmer für die Bundesanleihen. Der Nationalökonom Lorenz von Stein wusste bereits 1871: "Ein Staat ohne Staatsschuld thut entweder zu wenig für seine Zukunft, oder er fordert zu viel von seiner Gegenwart."