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Horte in Coronazeiten

„Wir waren immer offen“

Kitas und Schulen sollen weitestgehend geschlossen werden – so hatten Bund und Länder es am 13. Dezember vereinbart. Was das heißt und wie es in Kitas wirklich aussieht, erzählen drei Beschäftitgte. Hier berichtet Billy aus Dresden.

Billy Berge-Kolb ist Erzieher in einem Hort einer Grundschule in Dresden. Foto: Sebastian Willnow

Am 13. Dezember 2020 vereinbarten die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder und die Bundeskanzlerin alle Schulen und Kindertageseinrichtungen zu schließen. Ein drastischer Schritt, der angesichts der Entwicklung der Infektionszahlen mit dem SARS-CoV-2-Virus unausweichlich war. Kinder sollten wann immer möglich zu Hause betreut werden. Doch wirklich geschlossen waren die Einrichtungen nie – sie stellten auf Notbetreuung um. Anders als im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 fehlten allerdings klare Kriterien dafür, wer sein Kind in die Kita bringen darf und wer nicht. In vielen Bundesländern konnten auch private Gründe geltend gemacht werden.

Für Erzieherinnen und Erzieher in Kitas und Schulhorten bedeutete dies Mehrarbeit und eine höhere Gesundheitsgefährdung. Welche Erfahrungen Erzieherinnen und Erzieher mit dem zweiten Lockdown gemacht haben, zeigen nachfolgend die Berichte von drei Beschäftigten – einer Kita-Leiterin aus Stuttgart, einer Erzieherin aus Mainz und eines Schulhort-Erziehers aus Dresden. Hier berichtet Billy aus Dresden.

Billy Berge-Kolb ist Erzieher in einem Hort einer Grundschule in Dresden. Foto: Sebastian Willnow

Anfang dieses Jahres hatte Billy Berge-Kolbdie Nase voll. Die Medien berichteten immerzu, Kitas und Horte seien geschlossen, und seine Bekannten dachten, er sitze untätig zu Hause. Empört schrieb Berge-Kolb, der als Erzieher in einem Hort einer Grundschule in Dresden arbeitet, einen offenen Brief für die GEW-Webseite in Sachsen mit einer klaren Botschaft. Wir waren immer offen! „Wir sind immer für die Familien da – und haben sowohl das Glück als auch die Pflicht, unter Corona weiterzuarbeiten“, sagt Billy Berge-Kolb. Nur die Normalität sieht derzeit in seinem Hort anders aus als sonst.

Für die Kitas verlangt die GEW, die individuellen Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz umzusetzen. Jede Kita braucht passgenaue und wirksame Hygienepläne. „Die Regelungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) für Kitas zum Infektionsschutz sind zu beachten und umzusetzen. Weiter müssten alle Kitaträger Betriebsmediziner einsetzen, diese sollten die Risikogruppen bei den Beschäftigten beraten und im Einzelfall von der Arbeit in der Kita freistellen“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe. Sie regte zudem an, freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten anzubieten.

  • Freiwillige, kostenfreie Coronatests sowie eine Grippeschutzimpfung für die Beschäftigten
  • Passgenaue und wirksame Hygienepläne für jede Kita
  • Umsetzung der Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) an Kitas
  • Risikogruppen von Betriebsmedizinern beraten lassen und im Einzelfall von der Arbeit an der Kita freistellen

Übersicht: Alles, was sich an Bildungseinrichtungen mit Blick auf den Gesundheitsschutz in Corona-Zeiten ändern muss.

„Das Risiko ist im Notbetrieb besonders hoch.“ (Billy Berge-Kolb)

Normalerweise gehen von den 440 Schülerinnen und Schülern der Grundschule rund 430 Kinder in den Hort. Im Lockdown bleiben zwar die meisten zu Hause. Doch weil einige Eltern im Gesundheitssystem, in der Pflege oder selbst in der Kinderbetreuung arbeiten, läuft die Notbetreuung auf Hochtouren. Derzeit kommen jeden Tag durchschnittlich etwa 60 Kinder in den Hort, erzählt Billy Berge-Kolb. Alle 30 Erzieherinnen und Erziehern sind fast täglich im Dienst und werden auch benötigt. „Um die Hygienebestimmungen umzusetzen und sie so wenig wie möglich zu mischen, bleiben für sämtliche Klassen auch die Hortgruppen geöffnet.“ Geöffnet ist täglich von 6:15 bis 17:15 Uhr – auch im Lockdown. „Das Risiko ist im Notbetrieb besonders hoch“, sagt der Erzieher, der als Springer jede Woche in verschiedenen Gruppen eingesetzt ist. Es habe schon Fälle von positiv getesteten Kindern oder Lehrerinnen im Haus gegeben.

„Nach dem Sommer fangen wir mit vielen Grundkenntnissen und der Vermittlung sozialer Normen wieder von vorn an – weil sie zurzeit kaum geübt werden können.“ (Billy Berge-Kolb)

„Die Betreuung von Kleinstgruppen und einzelnen Kindern ist deutlich intensiver und erfordert mehr Angebote als bei einer größeren Gruppe“, betont Berge-Kolb. Fast täglich müsse man sich auf neue Situationen einstellen. Hinzu kommen die Hygienevorkehrungen wie der Mundschutz auf allen öffentlichen Gängen und Wegen und die besonderen An- und Abmeldungen der Kinder „Die Pandemie-Situation ist angespannter und anstrengender als sonst – für die Kinder und für die Kolleginnen und Kollegen“, sagt Billy Berge-Kolb. „Ich fürchte, für viele Kinder wird Corona ein verlorenes Jahr: Nach dem Sommer fangen wir mit vielen Grundkenntnissen und der Vermittlung sozialer Normen wieder von vorn an – weil sie zurzeit kaum geübt werden können.“