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GEW-Kommentar

Wir sind Teil der Lösung

Das Ziel der Nachhaltigkeit kann nicht erreicht werden, ohne reale Strukturen und Machtverhältnisse zu ändern. Wir brauchen dies nicht nur als Unterrichtsziel, sondern als gesellschaftliches Ziel für eine sozial-ökologische Wende.

Christopher Brinkmann (Foto: Klaus Walter)

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz vom 24. März 2021 ist ein Meilenstein mit historischer Dimension. Darin heißt es: Einer Generation dürfe nicht zugestanden werden, „unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde“.

Kinder müssen also eine lebenswerte Zukunft einklagen, gewinnen aber nur formal, denn das neue Klimaschutzgesetz der Bundesregierung sprengt weiter das CO2-Budget und enthält keine konkreten Maßnahmen für die entscheidenden nächsten Jahre, genauso wie die meisten Wahlprogramme.

Spätestens nach der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vom Juli ist klar, die Frage ist nicht, ob uns die Klimakrise trifft und wie viel Klimaschutz nötig ist. Die Frage ist, wie viel Chaos, Leid und Schaden wir mit maximalem Klimaschutz noch verhindern können.

Das wahrscheinliche Ende unserer Zivilisation

Die weltweite Erhitzung liegt bei plus 1,1 Grad Celsius – zu maximal plus 1,5 haben sich die Staaten verpflichtet, aber aktuelle politische Zusagen bedeuten plus drei Grad bis 2100. Die menschliche Spezies hat nie in einer zwei oder drei Grad heißeren Welt gelebt. Eine Plus-Drei-Welt wäre das wahrscheinliche Ende unserer Zivilisation, weite Teile der Erde würden unbewohnbar, Extremwetter bedrohten Lebensraum und Ernten, Wasser- und Nahrungsknappheit führten zu Konflikten, Kriegen und Fluchtbewegungen sowie zum Verlust von Demokratie, Freiheit und Sicherheit – auch bei uns.

Es ist wichtig zu wissen, dass es sich bei der Klimakrise nicht um etwas handelt, was „aus heiterem Himmel auf uns fällt“, sondern um eine systematische Ungerechtigkeit, ein Verbrechen durch Fossilkonzerne und sie unterstützende Regierungen, die schon vor 30 Jahren hätten umsteuern können.

Systemische Ungerechtigkeiten beenden

Können wir dabei zusehen, wie Politik und Wirtschaft uns und unsere Kinder in diese Katastrophe schicken?  Können wir zulassen, dass an einem Wirtschaftssystem festgehalten wird, das Klimakrise, Naturzerstörung, Artensterben, Ausbeutung von Menschen und obszöne globale Ungerechtigkeit zwischen Arm und Reich erzeugt? Ich glaube nein.

Wir Erwachsenen sind in der Pflicht, systemische Ungerechtigkeiten aufgrund bestehender Machtstrukturen zu erkennen und demokratisch zu beenden. Dazu müssen wir uns kollektiv organisieren und handeln, im Protest und politisch.

Denn warum gibt es die Kampagne „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE)? Doch, um ein gestörtes Verhältnis zur Mitwelt zu reparieren. Das Wirtschaftssystem suggeriert uns, wir könnten uns von der Natur trennen, sie ausbeuten und beherrschen, genauso wie andere Menschen. BNE geht gegen diese Lüge und Ungerechtigkeiten an, hin zu einer demokratischen, solidarischen Lebensweise. Wir Lehrende tragen große Verantwortung, den Weg zu einer gerechteren, ökologischeren Welt zu ebnen.

Strukturen und Machtverhältnisse ändern

Das Ziel der Nachhaltigkeit kann jedoch nicht erreicht werden, ohne reale Strukturen und Machtverhältnisse zu ändern. Wir brauchen dies nicht nur als Unterrichtsziel, sondern als gesellschaftliches Ziel für eine sozial-ökologische Wende.

Wir müssen dies gemeinsam einfordern und umsetzen, zusammen mit „Fridays for Future“ und der Klimagerechtigkeitsbewegung, mit Umwelt- und Sozialverbänden, mit politischen Akteuren. Die GEW ist eine wichtige Stimme dabei und könnte sich noch stärker positionieren und sich im breiten Bündnis des sozial-ökologischen Wandels einbringen.

Die gute Nachricht ist: Es gibt auch gesellschaftliche „Kipppunkte“, Bildung ist ein Kernelement dabei, soziale Bewegungen und Protest sind Faktoren des Gelingens. Redet mit Familie, Freunden, Kolleginnen und Kollegen über die Krise und Lösungen!

Lasst uns jetzt die Freiheit nutzen, Teil der Lösung zu sein!