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OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“

Wie Deutschland bei der Bildung abschneidet

Die OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ stellt klar: Deutschland hat bei der Bildung aufgeholt. Doch in einigen Bereichen ist das deutsche Bildungssystem weiterhin abgeschlagen. Außerdem fehlt nach wie vor viel Geld in der Bildung.

Seit 1996 stellt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jährlich die Studie „Bildung auf einen Blick“ vor. Darin vergleicht sie die Bildungssysteme und den Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler aller OECD-Länder. In diesem Jahr will die Studie auch der Frage der Aufstiegschancen sozial schwächerer Kinder durch Bildung nachgehen. Die Ergebnisse im Überblick:

  • Der Schwerpunkt der Studie 2018 liegt auf Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Hier hat Deutschland aufgeholt, steht aber im Vergleich noch immer schlecht dar.
  • Im Vergleich zu anderen OECD-Ländern sind die Ausgaben Deutschlands für die Bildung weiterhin gering. Die Studie kommt in jedem Jahr zu diesem Schluss.
  • Auch die Finanzierung der Hochschulen wird beleuchtet. Hier hinkt Deutschland im Vergleich wieder weit hinterher.

Chancengerechtigkeit im Bildungssystem

Die OECD stellt Deutschland ein durchwachsenes Zeugnis aus. Noch immer schneidet Deutschland bei der Bildungsgerechtigkeit schlechter ab als der OECD-Durchschnitt. Trotzdem werden erste Erfolge sichtbar: Mehr Ganztagsschulen, mehr gemeinsamer Unterricht mit bessergestellten Schülerinnen und Schülern und mehr frühe Bildung in den Kitas verbesserten insgesamt die Leistung sozial schwacher Schülerinnen und Schüler. GEW-Chefin Tepe gibt trotzdem noch keine Entwarnung: „Die soziale Schere darf nicht weiter auseinandergehen“, sagte Tepe zu den Ergebnissen der Studie.

„Die Kinder und Jugendlichen in den hier gelegenen Schulen brauchen mehr Unterstützung und Förderung, damit ihre Bildungschancen steigen.“ (Marlis Tepe)

Schulen in Stadtteilen mit vielen ärmeren Elternhäusern bräuchten mehr Ressourcen. Zu den Ärmeren, die dort bereits wohnten, kämen oft Flüchtlingsfamilien, die sich auch kein Leben in teureren Vierteln leisten können, erklärte die GEW-Chefin. „Die Lehrerinnen und Lehrer müssen hier viele zusätzliche Aufgaben etwa in Stadtteilkonferenzen übernehmen. Die Kinder und Jugendlichen in den hier gelegenen Schulen brauchen mehr Unterstützung und Förderung, damit ihre Bildungschancen steigen.“ Deshalb müssten dort mehr Lehrkräfte eingestellt werden, so dass die einzelnen Lehrerinnen und Lehrer weniger Pflichtstunden unterrichten.

Um zu ermitteln, welche Schulen mehr Geld benötigten, forderte Tepe einen Sozialindex. „Ein Kriterium für den Sozialindex könnte etwa der Anteil an Eltern sein, die von der Finanzierung von Schulbüchern und anderen Lernmitteln befreit sind.“ Vorbild sollte laut Tepe das Land Berlin sein, wo Lehrkräfte in Brennpunkten Zulagen bekommen sollen. „Andere Länder sollten hier nachziehen.“ Deutschland tue seit Jahren zu wenig für mehr Chancengleichheit. „Andere Länder sind hier weiter, etwa Schottland, das Millionensummen zugunsten sozialschwächerer Schülerinnen und Schüler investiert.“ Auch Industrie und Wirtschaft bräuchten angesichts des Fachkräftemangels einen größeren Kraftakt zugunsten benachteiligter Schülerinnen und Schüler.

 

Bildungsausgaben in Deutschland

Ein weiteres Ergebnis der OECD-Studie sind die im Vergleich zu anderen OECD-Ländern geringen Ausgaben Deutschlands für die Bildung. „Die Finanzierung der Bildungseinrichtungen hat mit der wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre nicht Schritt gehalten. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist ihr Anteil sogar gesunken. Darin drückt sich eine geringe Wertschätzung der Bildung aus, die der Rhetorik in den Sonntagsreden der Politikerinnen und Politiker widerspricht“, sagte Ansgar Klinger, Bildungsfinanzierungsexperte und GEW-Vorstandsmitglied für Berufliche Bildung und Weiterbildung.

Auf dem Dresdener „Bildungsgipfel“ hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten 2008 vereinbart, ab 2015 zehn Prozent des BIP in Bildung und Forschung zu investieren. Sieben Prozent in Bildung und drei in Forschung. „Von diesem Ziel sind wir immer noch meilenweit entfernt“, sagte Klinger mit Blick auf die Daten der aktuellen OECD-Studie. Hätte Deutschland für die Grund- bis Hochschulen nicht 4,2 Prozent, sondern - wie Norwegen - 6,4 Prozent des BIP investiert, stünden alleine diesen Bildungseinrichtungen 66,9 Milliarden Euro mehr zur Verfügung, um ihre gesellschaftlich wichtigen Aufgaben zu lösen.

„Deutschland muss seine Chance nutzen, die Quantität und vor allem die Qualität des Bildungswesens zu verbessern, um den gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht zu werden.“ (Ansgar Klinger)

Im internationalen Bildungsvergleich erfolgreiche Länder seien in der Vergangenheit einen anderen Weg gegangen, sagte der Bildungsfinanzierungsexperte. Sie hätten ihre Bildungsausgaben absolut und auch relativ zu ihrer Wirtschaftskraft deutlich gesteigert, wie die OECD-Studie Jahr für Jahr belegt. „Deutschland muss seine Chance nutzen, die Quantität und vor allem die Qualität des Bildungswesens zu verbessern, um den gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht zu werden.“ Hier hätten die Vereinten Nationen mit den Sustainable Development Goals (SDG) einen wichtigen Zielkatalog aufgestellt. „Dass der OECD-Bericht neuerdings auch eine Analyse des Bildungsziels der Vereinten Nation vornimmt, ist zu begrüßen. Hier wird deutlich, dass sich Deutschland auf dem Weg zu einer inklusiven, gleichberechtigten, auch das lebensbegleitende Lernen fördernden Bildung deutlich mehr engagieren muss“, sagte Klinger.

 

Finanzierung der Hochschulen

„Auch in der Hochschulfinanzierung hinkt Deutschland im Vergleich weit hinterher“, sagte Andreas Keller, verantwortliches GEW-Vorstandsmitglied für den Bereich Hochschule und Forschung. Während im Durchschnitt der OECD-Staaten die Ausgaben im tertiären Bildungssektor pro studierender Person um 11 Prozent anstieg, gehört Deutschland zu den acht Ländern, in denen gegen diesen Trend die Ausgaben zwischen 2010 und 2015, die für eine Studentin bzw. einen Studenten ausgegeben werden, sogar sanken.

„In dieses Bild passt auch weiter, dass der Anteil der Ausgaben für den tertiären Bildungssektor am BIP mit 1,2 Prozent unter dem Durchschnitt der OECD-Staaten von 1,5 Prozent liegt.“ (Andreas Keller)

„Damit liegt Deutschland bei den Ausgaben pro Studierende mit umgerechnet 10.018 US-Dollar weiter unter dem OECD-Schnitt, der bei umgerechnet 10.202 US-Dollar liegt“, sagte Keller. Zum Vergleich: In Österreich liegen die Ausgaben pro Studierende bei umgerechnet über 13.000 US-Dollar, in Großbritannien über 20.000 US-Dollar. „In dieses Bild passt auch weiter, dass der Anteil der Ausgaben für den tertiären Bildungssektor am BIP mit 1,2 Prozent unter dem Durchschnitt der OECD-Staaten von 1,5 Prozent liegt.“ Rechnet man hier den Anteil für Forschung und Entwicklung heraus, ist der Vergleich noch schlechter: 0,7% in Deutschland gegenüber 1,1% im OECD-Durchschnitt.