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Covid-19-Studien

Welche Rolle spielen Schulen bei der Corona-Pandemie?

Studien zufolge haben sich Schulen nach der Wiedereröffnung nicht zu Hotspots entwickelt. Die Zahl unbemerkter Infektionen bei Kindern scheint gering. Doch es wird auch klar: nichts ist wirklich sicher. Was das für Bildungseinrichtungen heißt.

Erneute Schulschließungen sind laut einer Studie möglicherweise nicht zwingend erforderlich. (Foto: Pixabay / CC0)

Seit Beginn der Coronakrise sind verschiedene Studien zu Infektionen und Antikörpern bei Kindern erschienen: Während mehrere  Untersuchungen nahelegen, dass die Schulöffnungen keine Auswirkungen auf die Pandemielage in Deutschland hätten, schließt Deutschland bekanntester Virologe, Christian Drosten, nach wie vor nicht aus, dass Kinder ebenso ansteckend wie Erwachsene seien. Eindeutig lässt sich also weiterhin nicht sagen, welche Rolle Schulen und Kitas – auch angesichts der derzeit stark steigenden Infektionszahlen – spielen.

Eine im Juni veröffentlichte Eltern-Kind Covid-19-Studie des Landes Baden-Württemberg mit rund 2.500 Kindern zwischen ein und zehn Jahren und je einem Elternteil kam zu dem Schluss: „Insgesamt scheinen Kinder nicht nur seltener an Covid-19 zu erkranken, was schon länger bekannt ist, sondern auch seltener durch das SARS-CoV-2-Virus infiziert zu werden.“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätskliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm hatten untersucht, wie viele Paare aus je einem Elternteil und einem Kind unbemerkt zum Zeitpunkt der Testung infiziert waren oder bereits Antikörper nach einer überstandenen, aber unbemerkt gebliebenen Corona-Virus-Infektion gebildet hatten.

„Wir gehen in die Sommerferien 2020 mit einem Immunitätsstatus, der sich nicht von dem im März 2020 unterscheidet.“  (Reinhard Berner)

Ähnliches zeigte eine im Juli veröffentlichte Studie der Technischen Universität Dresden und des Dresdner Universitätsklinikums zu Corona-Antikörpern bei sächsischen Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften: „Wir gehen in die Sommerferien 2020 mit einem Immunitätsstatus, der sich nicht von dem im März 2020 unterscheidet. Von den über 2.000 untersuchten Blutproben ließen sich nur in 12 Fällen Antikörper nachweisen, was einem Anteil von deutlich unter einem Prozent entspricht. Das bedeutet, dass eine stille, symptomfreie Infektion bei den von uns untersuchten Schülern und Lehrern bislang noch seltener stattgefunden hat, als wir das vermutet hatten“, sagte Reinhard Berner, Klinikdirektor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus und Studienleiter. Schulen seien nach der Wiedereröffnung nicht zum Hotspot geworden, hieß es zudem.

Auch eine Mitte Oktober publizierte Studie des Arbeitsmarktforschungsinstitut IZA in Bonn bilanzierte: Die Sorge vor der Entstehung neuer Infektionsherde in Schulen könne unbegründet sein, zumindest was den Schulneustart in Deutschland nach den Sommerferien betreffe. Die Untersuchungen der Forscherinnen und Forscher zeigten, „dass in einer Situation, in der Schulen unter strikten Hygienemaßnahmen wiedereröffnet wurden, die Fallzahlen nach der Wiedereröffnung der Schulen nicht angestiegen sind“. 

Drosten sieht weiter erhöhtes Infektionsrisiko an Schulen

Etwas anders sieht dies der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité. In einer Anfang Juni vorgelegten überarbeiteten Fassung seiner Studie zur Infektiosität von Kindern in der Corona-Krise bekräftigten er und sein Team, es gebe keine Hinweise darauf, dass Kinder in Bezug auf Sars-CoV-2 nicht genauso ansteckend seien wie Erwachsene. Schon im ersten Entwurf der Untersuchung aus dem April, der wegen statistischer Methoden kritisiert wurde, hatte es geheißen, dass Kinder eine ebenso hohe Viruslast wie Erwachsene trügen - und vermutlich genauso ansteckend seien. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnten daher vor einer uneingeschränkten Öffnung von Schulen und Kindergärten.

„Die Länder machen, was sie wollen, es gibt kein einheitliches und verbindliches Agieren. Das führt an den Schulen zu Verunsicherung und uneinheitlichen Lösungen.“ (Marlis Tepe)

Politische Entscheidungen zu Schulöffnungen oder -schließungen lassen sich also auch auf wissenschaftlicher Basis nach wie vor nur schwer treffen. Die GEW rät daher weiter zu einer konsequenten Einhaltung der AHA-Regeln: Abstand halten, Hygienemaßnahmen beachten und Alltagsmaske tragen. Das allein wird aber nicht reichen, die GEW appellierte daher an die Kultusministerkonferenz (KMK), endlich einheitliche und verbindliche Lösungen für die Schulen zu entwickeln. „Die KMK hat nichts Neues entwickelt. Sie verharrt in Unverbindlichkeiten. Der Flickenteppich bleibt. Die Länder machen, was sie wollen, es gibt kein einheitliches und verbindliches Agieren. Das führt an den Schulen zu Verunsicherung und uneinheitlichen Lösungen“, sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Freitag in Frankfurt am Main

Gutachten und Tipps der GEW

Vor dem Hintergrund der schrittweisen Öffnungen von Schulen, Kitas und Hochschulen veröffentlichte die GEW in den vergangenen Monaten zudem fünf Gutachten unter anderem zu Hygienemaßnahmen und Schutzabständen in den Bildungseinrichtungen. Diese sollten den Handelnden vor Ort mehr Rechtssicherheit und nützliche Hinweise geben, sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. 

Derzeit rückt auch das richtige Lüften von Innenräumen in den Vordergrund der Debatte um den Infektionsschutz. Dazu stellte die GEW-Webredaktion einige Tipps zusammen.