Es gibt Schlagworte, die dürfen in keiner Bildungsdebatte fehlen. „Ganztag“ ist so eines – das zugleich so tut, als ob sich ein längerer Tag in einer Schule ganz automatisch positiv auswirke, auf die mangelnde Chancengerechtigkeit im deutschen Schulsystem zum Beispiel. Wie erratisch mit dem Ganztag umgegangen wird, wurde zuletzt deutlich, als der Sprecher der für den Nationalen Bildungsbericht zuständigen Autorengruppe Prof. Kai Maaz bei dessen Vorstellung im Juni mahnte, die Politik solle sich entscheiden, was mit der Ganztagsschule vor allem erreicht werden solle: „Betreuung oder sozialer Ausgleich? Auf diese Frage gibt es keine Antwort.“
An der Adam-Kraft-Realschule in der Nürnberger Südstadt, die Marlis Tepe in der letzten Septemberwoche besuchte, hat man sich entschieden: Statt um Betreuung geht es um rhythmisiertes Lernen für alle, in einer sogenannten gebundenen Ganztagsschule – in Bayern eine noch größere Ausnahme als in anderen Bundesländern. „Hier gibt es keinen Unterschied zwischen vormittags und nachmittags, und auch nicht zwischen mehr und weniger wichtigen Fächern“, erklärt die Schulleiterin Margit Vestner-Prölß beim Rundgang mit der GEW-Vorsitzenden. Tepes „GEW in Bildung unterwegs“-Reise führte sie hier einmal nicht in die große Masse von Schulen, in die jene, die über Bildung entscheiden, ihre Kinder zu häufig gar nicht schicken – sondern in ein Best-Practice-Modell.
„Man lernt mehr – und auch, seine Zeit besser einzuschätzen.“ (Eren)
Die Realschule hat, außer einem Konzept, an dem das Kollegium, wie hier alle versichern, lange und intensiv gearbeitet hat, vieles, was man sich in der Breite wünschen würde: einen dreistöckigen lichten Anbau zum Beispiel, mit dessen Hilfe Platz geschaffen wurde für all das, was eine vielseitige Schule braucht. Eine Mensa zum Beispiel, eine geräumige Bibliothek nebst Lese- und Computerraum, Differenzierungsräume und ein Raum für die Lerncoaches; erlaubt wurden nach einigem Hin und Her und intensiven Lesen der Brandschutzbestimmungen seitens der Schulleitung sogar Lerninseln auf dem überbreiten Flur. Für die Big Band – die Schule hat ein musikalisches Profil – gibt es die Aula, zum Klettern, Judo und Tennis taugen entsprechende Hallen und Plätze in der Nähe. Da ist es auch kein Wunder, dass der Schülersprecher Eren seine Schule „uneingeschränkt“ weiterempfiehlt. Warum? „Man lernt mehr – und auch, seine Zeit besser einzuschätzen.“