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Gastkommentar

Verbindliche Vorgaben wirken!

Wichtige Zukunftsthemen wie die digitale Transformation, Klimaschutz, die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts oder die aktuelle Pandemiebewältigung können nur gelingen, wenn Frauen in entscheidenden Positionen mitgestalten.

Mona Küppers (Foto: Barbara Dietl)

Frauen haben mit ihrem steigenden Bildungsniveau und ihrer Erwerbsbeteiligung in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich an Sichtbarkeit in Politik und Gesellschaft gewonnen. Auf den Führungs- und Entscheidungsebenen jedoch ist die Welt weiterhin eine männlich geprägte geblieben. 2021 sind Frauen in keinem Parlament in Deutschland paritätisch vertreten. Bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag 2017 fiel der Anteil der weiblichen Abgeordneten auf den Stand von 1998 zurück. Und auch in Führungspositionen in der Wirtschaft, im öffentlichen Dienst oder in Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen stellen Frauen weiterhin eher die Ausnahme als die Regel dar.

Geschlecht als soziales Merkmal beeinflusst heute noch die Zugänge zu Macht, Ressourcen und Lebenschancen von Frauen. Hier wirken historische Weichenstellungen fort, in der Männer für Politik, Öffentlichkeit und den finanziellen Familienunterhalt zuständig sind und Frauen die Hauptverantwortung für die Familienarbeit tragen. Bis heute schlägt sich dieses traditionelle Rollenverständnis nieder und hat Auswirkungen auf private Perspektiven, das Berufswahlverhalten und die Präsenz von Frauen in Parteien, Parlamenten, Führungspositionen und entscheidungsgebenden Gremien auf allen Ebenen von Politik, Gesellschaft und Wissenschaft.

Vollzeitjobs, Führungspositionen und die Ausübung politischer Ämter sind auf ein Gesellschaftsmodell ausgelegt, in dem Frauen überwiegend die unbezahlte Pflege- und Sorgearbeit in der Familie übernehmen.

Die Basis für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen wird bereits in der frühen Kindheit und Jugend gelegt. Dem familiären Umfeld und Bildungssystem kommen Schlüsselrollen zu, diskriminierungsfreie und partnerschaftliche Rollenbilder zu vermitteln. Doch neben Sozialisation und frühem Empowerment als Grundpfeiler einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in allen Bereichen unserer Gesellschaft müssen besonders die Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Amt, Familie und Privatleben geschaffen werden. Vollzeitjobs, Führungspositionen und die Ausübung politischer Ämter sind auf ein Gesellschaftsmodell ausgelegt, in dem Frauen überwiegend die unbezahlte Pflege- und Sorgearbeit in der Familie übernehmen.

Politische Arbeit muss familiengerechte und zeitbudgetschonende Partizipationswege schaffen und sich von der Dauerpräsenzkultur verabschieden. Parteien müssen ihrer gesellschaftspolitischen Rolle in unserer Demokratie gerecht werden und ihre parteiinterne Organisationskultur an beiden Geschlechtern ausrichten, denn auch sie sind dem Grundgesetz verpflichtet. Und gerade sie sind es, die die Aufstiegschancen von Frauen maßgeblich positiv beeinflussen können.

Wichtige Zukunftsthemen wie die digitale Transformation, Klimaschutz, die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts oder die aktuelle Pandemiebewältigung können nur gelingen, wenn Frauen in entscheidenden Positionen mitgestalten.

Die Erfahrungen zeigen zudem: Verbindliche Vorgaben wirken! In Parteien, die eine verbindliche Quotenregelung haben, hat sich der Frauenanteil deutlich erhöht. Und auch in den Aufsichtsräten der großen DAX-Unternehmen hat sich der Frauenanteil seit der Einführung des Führungspositionen-Gesetzes 2015 deutlich nach oben bewegt.

Für den Deutschen Frauenrat ist die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Entscheidungspositionen Grundvoraussetzung für eine geschlechtergerechte Demokratie. Wichtige Zukunftsthemen wie die digitale Transformation, Klimaschutz, die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts oder die aktuelle Pandemiebewältigung können nur gelingen, wenn Frauen in entscheidenden Positionen mitgestalten – in Parlamenten, in Führungspositionen von Unternehmen, in wissenschaftlichen Gremien, in der medialen Diskussion und vielen anderen Bereichen. Eine stabile Demokratie lebt von der Repräsentation aller Bevölkerungsgruppen. Nur so lässt sich die Demokratie nachhaltig stärken.

Der Deutsche Frauenrat ist die politische Interessenvertretung von rund 60 bundesweit aktiven Frauenorganisationen und damit die größte Frauenlobby Deutschlands.