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Trotz Übergewichts Beamtin

Ein mögliches Gesundheitsrisiko ist kein Grund, die Verbeamtung einer Lehrkraft abzulehnen. Selbst bei diagnostizierter Fettleibigkeit ist die Verbeamtung nicht grundsätzlich ausgeschlossen, wie ein Gerichtsurteil zeigt.

Eine stark übergewichtige Lehrerin hat vor Gericht ihre Einstellung als Beamtin erstritten. Wegen ihrer Adipositas hatte es das bayerische Kultusministerium abgelehnt, die Frau in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu übernehmen. Sie sei wegen des hohen Übergewichts gesundheitlich nicht geeignet, lautete die Begründung. Das Ministerium sah in der Fettleibigkeit ein hohes Risiko für zahlreiche Erkrankungen.

Die Prognose, dass bei der Lehrerin durch die Adipositas eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit bestehe, dienstunfähig zu werden oder häufiger zu erkranken als andere Beamte ­ihres Alters trifft nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs München nicht zu. Dafür sahen die Richter in neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen eines Sachverständigengutachtens keinen Beleg. Für diese Prognose gebe es außerdem bei der Klägerin keine medizinischen Anhaltspunkte.

Amtsärzte hatten die Pädagogin sowohl vor als auch nach dem Ende der Probezeit untersucht und keine gesundheit­lichen Einschränkungen festgestellt. Die Mediziner hatten ihr jedoch aufgetragen, abzunehmen und ihr Gewicht vierteljährlich kontrollieren zu lassen. Der zur Beurteilung von Übergewicht angesetzte Body-Maß-Index (BMI) betrug bei der Lehrerin 34, ein Wert ab 30 gilt als Adipositas.

Die Klägerin monierte, dass ihre mangelnde gesundheitliche Eignung nur auf den BMI zurückgeführt worden sei. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass damit bisher keine Krankheit verbunden ist. Das Gericht bestätigte, dass der Dienstherr die gesundheitliche Eignung von Beamtenanwärterinnen und -anwärtern „aufgrund eines bereits eingetretenen Tat­umstands“ bewerten muss.
In einem zweiten Fall urteilte das Verwaltungsgericht Aachen, dass eine negative Prognose über die künftige gesundheitliche Eignung eines Sonderschullehrers nicht rechtens war.

Beide Gerichte beriefen sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Demnach müssen sich zum Zeitpunkt der beantragten Einstellung „künftige Erkrankungen und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen“. Maßgeblich ist dabei der Befund des Amtsarztes bei der Einstellungsuntersuchung, wie aus dem Urteil des Aachener Gerichts hervorgeht. Demnach verweigerte die Bezirksregierung Köln dem Sonderschullehrer zu Unrecht die Einstellung als Beamter auf Probe. Die Entscheidung „verletzt allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe, weil sie die amtsärztlichen Feststellungen verkennt“, erklärten die Richter. Der Dienstherr schloss nicht aus, dass der Mann dienstunfähig wird und stützte sich dabei auf das Gutachten einer Amtsärztin. Die Medizinerin hatte zwar eine „regelmäßig behandelte internistische und neurologische Erkrankung“ dokumentiert und deshalb eine Nachuntersuchung vor der Verbeamtung auf Lebenszeit empfohlen. Allerdings stellte die Ärztin fest: „Für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ist der Bewerber gesundheitlich geeignet.“ Das Gericht wertete dies als eindeutige Aussage. Der Dienstherr kann sich demzufolge nicht auf ein amtsärztliches Gutachten berufen, wenn darin keine gesundheitlichen Einschränkungen festgestellt wurden, bei denen spätere Erkrankungen nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sind.