Zum Inhalt springen

Studie nennt Schwächen des deutschen Bildungssystems: selektiv und wenig durchlässig

Das deutschen Schulsystem ist kaum durchlässig und benachteiligt ausländische Kinder und Kinder mit Migrationshintergrund, so kann die aktuelle Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes knapp zusammen gefasst werden. Die Studie „AB In die Zukunft“ benennt deutlich die Schwächen des Systems: Migrantenkinder werden benachteiligt.

Kritisiert wird vor allem die fehlende Durchlässigkeit aber auch die „institutionelle Diskriminierung“ des deutschen Schulsystems. Das deutsche Schulsystem schaffe es nicht, herkunftsbezogene Unterschiede auszugleichen, erklärt Prof. Barbara John, Vorstandsmitglied des Paritätischen Gesamtverbandes. Im Gegenteil: es fördere die soziale Segregation, reproduziere und zementiere soziale Ungleichheiten.

Auf die besonderen Herausforderungen einer multikulturellen Gesellschaft sei unser Schulsystem immer noch zu wenig vorbereitet. Statt das Potential der Mehrsprachigkeit und kulturellen Vielfalt aufzugreifen und zu fördern, würden diese besonderen Voraussetzungen, mit denen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in das deutsche Bildungssystem eintreten, von den Erziehungs- und Bildungsinstitutionen weitestgehend ignoriert.

Nach wie vor erhielten Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund bei gleichem sozioökonomischen Statuts und gleicher Leseleistung deutlich seltener eine Empfehlung für die Realschule oder das Gymnasium als Kinder ohne Migrationshintergrund. Mittlerweile erreiche jeder dritte deutsche Schüler Abitur, aber nur jeder zehnte Ausländer. Die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss sei zwar insgesamt rückläufig, doch seien dort ausländische Jugendliche weit überdurchschnittlich vertreten.

Ausschlaggebend für einen erfolgreichen Bildungsverlauf sei vor allem die soziale Situation der Familie. Eltern mit geringem Einkommen haben nicht die zeitlichen und ökonomischen Möglichkeiten, um ihre Kinder ausreichend zu unterstützen. Die aktuelle Entwicklung, derzufolge die privaten Ausgaben für den Bildungsbereich steigen, verschärfe die soziale Selektion weiter. Auch das Bildungsniveau der Eltern beeinflusse die Bildungschancen der Kinder in hohem Maße. Die Abi-Chancen von Jugendlichen seien etwa dreimal so hoch, wenn die Eltern bzw. ein Elternteil anstelle eines Hauptschulabschlusses ebenfalls eine Fachhochschule oder Uni besucht haben.

Die Ergebnisse der Studie sind keinesfalls neu – und das ist der eigentliche Skandal. Seit Jahren wird von vielen Organisationen und Interessenvertretungen – wie auch von der GEW – eine durchgreifende Strukturreformen gefordert. Bereits 2007 hat die GEW anlässlich der Erklärung der Kultusministerkonferenz (KMK) "Integration als Chance – gemeinsam für mehr Chancengerechtigkeit" verlangt, die skandalöse Benachteiligung von Einwandererkindern zu überwinden. Marianne Demmer, die Vize-Vorsitzende der GEW, kritisierte bereits damals, dass in den Bundesländern keine planvolle und konsequente Förderung der Einwandererkinder stattfinde und verwies schon damals auf Studienergebnisse aus dem Jahr 2001: „Obwohl die PISA-Studien seit 2001 gravierende Probleme offen legen, fehlt es an Personal und Zeit, um konsequente Sprachförderung während der gesamten Schulzeit zu betreiben“, so die GEW-Vize bereits 2007.