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Streiks: Zeit für Austausch und Solidarität

Zu Fuß, auf Rädern, und sogar auf Leitern haben die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst heute die Streiks fortgesetzt. Die Zeit während der Arbeitsniederlegung nutzen die Streikenden vielfältig: Zum Austausch mit Eltern und KollegInnen, für Mobiaktionen bei bisher nicht bestreikten Einrichtungen oder zur Vorbereitung der Streikaktionen über Pfingsten.

Für Sachsen-Anhalt streikten die Kolleginnen und Kollegen in Dessau-Roßlau weiter. Dort versammelten sich am frühen Morgen erneut 140 Erzieherinnen und Erzieher. Dabei tauschten sie sich auch über das weitere Vorgehen aus und bereiteten erste Aktionen für die kommende Woche vor. Morgen werden sie damit fortfahren, um gut gerüstet in die neue Streikwoche nach Pfingsten starten zu können. Dann werden auch Kolleginnen und Kollegen aus anderen Kommunen wieder in den Streik treten.

Bei kühlen, aber sonnigen Wetter trugen in Hamburg fast 1.000 Streikteilnehmende die Forderung nach Aufwertung der SuE-Berufe durch die Straßen. Die Kitas wurden mit Streikplakaten versehen. Vom Arbeitgeber verlangten die Beschäftigten beim Senat Druck zu machen. Er solle seinen politischen Einfluss geltend machen, damit den Gewerkschaften endlich ein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt werde.

Am bereits neunten Streiktag in Baden-Württemberg hat die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz in Freiburg angekündigt, dass die Streiks im Juni fortgesetzt werden, wenn sich die Arbeitgeber nicht endlich bewegen. „Bei den Kleinsten brauchen wir die besten Köpfe. Beschäftigte in Kitas haben große Verantwortung für die Kinder, für die Zukunft unserer Gesellschaft. Alle wissen, dass gute Bildung und Betreuung gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung voraussetzen. Alle wissen das, außer den Arbeitgebern“, sagte Moritz vor Streikenden in Freiburg.

In Thüringen haben erneut 200 Beschäftigte gestreikt, Streikversammlungen fanden in Erfurt und Jena statt. Erneut gestreikt wurde auch in vielen Städten in Nordrhein-Westfalen, darunter Krefeld und Bonn.

Streik auf Rädern: In Krefeld trafen sich die Beschäftigten für eine Fahrraddemo durch die Stadt. Währenddessen waren die KollegInnen aus Siegburg und Bonn zu Fuß in Troisdorf unterwegs (Fotos: Dieter Gregorié)

Mit einer eigenen Veranstaltung bezogen in Bayern rund 80 Jugend- und SchulsozialarbeiterInnen aus Nürnberg, Erlangen und Fürth Position im aktuellen Tarifkampf: Bei einer Kundgebung machten sie deutlich, welche wichtigen Aufgaben sie an den Schulen wahrnehmen und warum auch sie sich bisher weit unter Wert bezahlt fühlen. Unterstützt wurden sie von vielen Lehrkräften, die auf Plakaten aufgeschrieben hatten, warum sie die Jugendsozialarbeit an den Schulen so wertvoll finden. Als Gastredner beglückwünschte GEW-Sekretär Björn Köhler die Anwesenden zur gelungenen Aktion: „Es ist das erste Mal, dass SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen in den Tarifrunden bundesweit sichtbar werden, macht weiter so!“ ermutigte er die Streikenden und ging in einer kurzen Ansprache auf die Geschichte der Schulsozialarbeit ein, die eng mit Nürnberg verknüpft ist. Die Stadt war 1975 Vorreiterin und schuf damals revolutionäre 12 Stellen für SchulsozialarbeiterInnen. Anschließend erzählten einige KollegInnen aus ihrem Arbeitsalltag und berichteten, wie sich ihre Arbeit in den letzten Jahren verändert hat. Zum Abschluss ließen die Anwesenden eine Kollegin symbolisch hochleben, um zu zeigen, dass sie alle eine Aufwertung verdienen.

Weitere 250 KollegInnen aus Kitas, Jugendhäusern und Behindertenhilfe folgten heute dem GEW-Aufruf zu einer Kundgebung vor der Nürnberger Lorenzkirche. In seiner Streikrede wies Björn Köhler darauf hin, dass die Streiks durch die Arbeitgeber provoziert worden seien. Die Forderung des VKA-Geschäftsführers Hoffmann sei Spott und Hohn auf die Köpfe der engagierten KollegInnen: „Verhandeln heißt, dass auch die andere Seite deutlich sagt, was sie will und dann kann man schauen, ob man zueinander kommt. Aber sich jetzt hinzustellen und so zu tun, als ob die Gewerkschaften nicht verhandeln wollten, ist eine Frechheit! Es ist die VKA, die uns mitgeteilt hat, man schaffe es nicht, sich intern vor dem 28. Mai auch nur über eigene Forderungen abzustimmen“, stellte Köhler klar, der auch Mitglied der GEW-Verhandlungskommission ist. „So wichtig ist also offenbar für die Arbeitgeber, dass Eltern und Kinder nicht belastet werden: GEW und ver.di schaffen es, dass in den Gremien mehrere hundert Menschen über die Forderungen und den Fortgang der Verhandlungen diskutieren. Gestern bei ver.di 330 Streikdelegierte, heute tagt die ganze GEW-Tarifkommission in Kassel. Wir schaffen es, in wenigen Tagen einen bundesweiten Streik von mehreren 10.000 Beschäftigten zu organisieren, und angeblich schaffen es die Arbeitgeber nicht, ihre paar Delegierten mal zwei Tage zusammen zu holen?“ spielte er den Ball unter tosendem Beifall an die Arbeitgeber zurück.

Zum Abschluss wurde er nochmal deutlich: Die Arbeitgeber können nicht erwarten, dass die Gewerkschaften als Belohnung für die Verweigerung eines Angebots jetzt die Streiks einstellten. Damit ist klar: In Mittelfranken wird auch während der Pfingstferien in vielen Betrieben weiter gestreikt. Die Streikenden machten auch deutlich, dass man die Eltern nicht als Gegner, sondern als Partner verstehe. „Deswegen stehen wir heute hier und suchen das Gespräch in der Innenstadt“, so Köhler. Eine GEW-Aktionsgruppe forderte die anwesenden Eltern auf, mal aufzuschreiben, wie sie sich die Arbeit in den Einrichtungen vorstellen würden. Anschließend boten KollegInnen Gespräche über die tatsächliche Situation in den Kitas und Horten an. Das Angebot wurde rege genutzt: Viele BürgerInnen nutzen die Gelegenheit um Fragen zum Streik und zur täglichen Arbeit zu stellen. Neben viel Ermutigung stellten sich die KollegInnen aber auch der Kritik, man würde auf dem Rücken der Kinder streiken. Auch wenn die Ferien nahen, macht die große Beteiligung deutlich: Die Mittelfanken stehen bereit! Sie werden streiken, bis es ein annehmbares Angebot gibt!

Besonderen Dank an Björn Köhler für die Fotos und Berichte aus Bayern