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Streikrecht für Beamte!

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat vor einigen Jahren festgestellt, dass auch verbeamteten Lehrkräften das Streikrecht zustehe. Dieses Recht will die GEW endlich auch in Deutschland durchsetzen.

Brauchen wir wirklich das Streikrecht für Beamtinnen und Beamte? Diese Frage wurde mir in jüngster Zeit öfter gestellt. In ihr schwingen Sorgen mit, die ernst genommen werden müssen. Die Forderung nach dem Streikrecht für Beamte ist keine Funktionärsdebatte, wie häufig von Kritikern der GEW behauptet. Nein, die verbeamteten GEW-Mitglieder selbst setzen sich für ihre Arbeitnehmerrechte ein.

Die GEW hat gewichtige Sachargumente, sich für das Beamtenstreikrecht stark zu machen, sie will für das Thema sensibilisieren: Nachdem durch die Föderalismusreform die letzten bundeseinheitlichen Klammern nicht nur gelockert, sondern - bis auf das Beamtenstatusgesetz - gnadenlos entsorgt wurden, hat es eine höchst bedenkliche und höchst problematische Entwicklung gegeben. Die Besoldung in den Ländern ist deutlich auseinandergelaufen. Früher gab es den Grundsatz: Die Besoldung folgt dem Tarif. Nach Abschluss der Tarifverhandlungen war es üblich, dass die jeweilige Erhöhung auf die Landesbesoldungsgesetze übertragen wurde. Doch mittlerweile wollen die "Sparminister" der Länder auch hier noch den ein oder anderen Euro wegdrücken. Mal werden Tariferhöhungen nur zeitversetzt übernommen, mal wird die Erhöhung bei der Übertragung gesenkt.

Vor einigen Jahren rief die GEW auch Beamtinnen und Beamte zum Streik auf. Die Dienstherren sind danach gegen die streikenden Kolleginnen und Kollegen vorgegangen. Sie sprachen Ermahnungen und Disziplinarstrafen aus, in mehreren Bundesländern wurden die Beamtinnen und Beamten sogar zur Kasse gebeten. Natürlich standen wir den GEW-Mitgliedern zur Seite und haben ihnen Rechtsschutz gegeben.

Nach vorherrschender juristischer Meinung in der Bundesrepublik dürfen Beamte nicht streiken. Doch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat vor einigen Jahren festgestellt, dass beispielsweise auch verbeamteten Lehrkräften das Streikrecht zusteht. Dieses Recht will die GEW endlich auch in Deutschland durchsetzen!

Spaltung schwächt Kampfkraft der Gewerkschaften

Derzeit können in die Tarifauseinandersetzungen nur die angestellten Lehrkräfte einbezogen werden. Allein diese Spaltung schwächt die Kampfkraft der Gewerkschaften. Es ist außerdem zu bedenken, dass die zentralen Arbeitsbedingungen - wie Eingruppierung und Pflichtstunden - sowohl für angestellte als auch verbeamtete Lehrkräfte unmittelbar am Beamtenrecht der Länder dran hängen. Die Folge: Für diese Themen kann nicht gestreikt werden. Damit gibt es in den Auseinandersetzungen mit den Ländern ein echtes Ungleichgewicht zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften. Zu Lasten der Beschäftigten.

Die verbeamteten GEW-Mitglieder unterstützen ihre angestellten Kolleginnen und Kollegen während der Tarifrunden! Denn in der Regel ruft die Bildungsgewerkschaft auch zu Demonstrationen und Aktionen auf. An diesen nehmen die Beamtinnen und Beamten teil und protestieren Seite an Seite mit den Tarifbeschäftigten. Häufig sagen Beschäftigte zu Beginn einer Tarifauseinandersetzung, dass sie nicht streiken könnten oder sich nicht trauten. Doch ist ein Arbeitskampf erst einmal angelaufen, ändert sich das sofort.

Trotzdem ist das Thema Beamtenstreikrecht kein Selbstläufer. Gemeinsam mit DGB und ver.di hat die GEW schon viel Kraft und Zeit investiert. Die weitere Auseinandersetzung stellt die GEW vor eine große politische, juristische, personelle, finanzielle und organisatorische Herausforderung. Aber diese werden wir bewältigen! Um die Eingangsfrage klar zu beantworten: Ja, wir brauchen das Beamtenstreikrecht!

Daniel Merbitz, GEW-Vorstandsmitglied Tarif- und Beamtenpolitik