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Niederlande

Streik im Bildungswesen

Erneut sind in den Niederlanden am 6. November Lehrkräfte und pädagogisches Personal in den Streik getreten. Sie protestieren gegen Überlastung und Lehrermangel und fordern von der Regierung mehr Geld für Bildung.

Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr hat die niederländische Bildungsgewerkschaft AOb ihre Mitglieder zu einem eintägigen Streik für die Bildung aufgerufen. Es handelt sich um einen politischen Streik. Den Lehrkräften geht es um strukturelle Lösungen für das unterfinanzierte Bildungswesen in den Niederlanden. Schon im Frühjahr hatten sie dafür einen Tag gestreikt. In rund 2.600 Schulen fiel am 15. März 2019 im ganzen Land der Unterricht aus. In Den Haag waren 40.000 Pädagoginnen und Pädagogen gegen Personalmangel, hohe Arbeitsbelastung und schlechte Bezahlung auf die Straße gegangen.

Trotz Haushaltsüberschuss kein Geld für Bildung

Seitdem hat sich wenig getan. Besonders dramatisch ist die Situation in den niederländischen Grundschulen. Dort führt der Mangel an Lehrkräften zu immer mehr Unterrichtsausfall und wird zu einer ernsthaften Bedrohung für die Qualität der Bildung. Die Lehrkräfte und ihre Gewerkschaft AOb sind enttäuscht und verärgert über die Regierung unter Ministerpräsident Rutte,  die trotz eines Haushaltsüberschusses  nicht bereit ist, substanziell in Bildung zu investieren. Unterstützung erhalten sie von der neuen EZB Präsidentin Christine Lagarde, die sich Ende Oktober veranlasst sah, die Niederlande und auch Deutschland wegen fehlender Investitionen in Bildung zu kritisieren: "Warum nicht den Haushaltsüberschuss nutzen und in Infrastruktur investieren? Warum nicht in Bildung und Innovation investieren?"

In 4.500 Schulen fällt der Unterricht aus

Wie groß der Unmut der Beschäftigten über die desolate Situation im Bildungswesen ist zeigt sich daran, dass die Zahl der bestreikten Schulen am 6. November noch erheblich höher lag als im Frühjahr. Auf der Internetseite der AOb findet sich eine Landkarte mit 4.500 Schulen und Bildungseinrichtungen in den Niederlanden, an denen gestreikt wurde. Mit zahlreichen phantasievollen Aktionen machten die PädagogInnen auf ihre Lage aufmerksam. In Amsterdam und Rotterdam nahmen zehntausende Lehrkräfte an Demonstrationen teil. In Utrecht organisierten sie ein „Einfrieren“: Auf einem zentralen Platz in der Nähe des Hauptbahnhof  standen Lehrerinnen und Lehrer genauso still wie die Bildung.

Irritation um Angebot der Regierung

Dabei hatte es zuletzt Irritationen gegeben, ob der Streik überhaupt stattfinden würde. Vergangenen Freitag hatte die Gewerkschaft die Streikvorbereitungen zunächst abgesagt,  nachdem die Regierung 460 Millionen Euro zusätzlich für Bildung zugesagt hatte. Dies führte jedoch zu heftigen Widerspruch und zahlreichen Protesten von Gewerkschaftsmitgliedern. Kritisiert wurde vor allem, dass es sich nur um eine einmalige Zahlung und nicht um strukturelle Investitionen ins Bildungssystem handelt.  Bei einer AOb-Vorstandssitzung am Sonntag wurde dann beschlossen, den Streik doch wie geplant durchzuführen. Die AOb Vorsitzende Liesbeth Verheggen übernahm die Verantwortung für die entstandene Verwirrung und trat daraufhin zurück: "Die Entscheidung musste an diesem Freitagnachmittag getroffen werden, und das war zu schnell. Ich hätte den Vertrag nicht direkt unterzeichnen sollen“.