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Streik für eine sichere Rente

An rund 60 britischen Hochschulen sind Professorinnen und Professoren sowie Beschäftigte auf die Straße gegangen, um gegen die geplante Rentenreform des Universitätsverbands Universities UK zu demonstrieren. Die GEW unterstützt den Protest.

Die britische Hochschulgewerkschaft UCU organisiert die Proteste wie in London. Foto: Jane Atkins, UCU.

„Hände weg von unseren Renten!“, „Rentenkürzungen sind Lohnkürzungen“: Mit Slogans wie diesen zogen ab Mitte Februar fast vier Wochen lang immer wieder Tausende Professorinnen und Professoren, Hochschulmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie Studierende durch die Innenstädte von London, Manchester oder Liverpool. Sie nahmen an einem der größten Hochschulstreiks in der Geschichte Großbritanniens teil. „Es sind eindrucksvolle Märsche“, sagt der Soziologe Jakob Hartl, der an der University of Bristol eine Doktorarbeit schreibt und bei mehreren Protestaktionen mitgemacht hat.

Die Aktivitäten richten sich gegen die Rentenreform des UUK, der mit den Rentenbeiträgen der Hochschulmitarbeiter künftig an der Börse spekulieren will. Eine Garantie für die Höhe der ausgezahlten Renten soll es ab April 2019 nicht mehr geben. Mit der geplanten Reform will der Verband ein Finanzloch von 6,1 Milliarden Britischen Pfund stopfen.

Organisiert wurde der Hochschulstreik von der GEW-Partnergewerkschaft University and College Union (UCU), der rund 110.000 Hochschulbeschäftigte angehören. Rob Copeland koordiniert internationale Solidaritätsaktionen für den UCU-Streik. Er findet die Rentenreform inakzeptabel: „Am Ende eines langen Arbeitslebens wissen die Beschäftigten nicht, mit welcher Rente sie rechnen können.“

„Mit guten Argumenten für faire Beschäftigungsbedingungen ist es nicht getan.“ (Andreas Keller)

Eine erste Vereinbarung, die UCU mit den Arbeitgebern Mitte März ausgehandelt hatte, wurde verworfen, nachdem die Gewerkschaftsmitglieder mit großer Mehrheit dagegen gestimmt hatten. Der Drei-Jahres-Deal hätte garantierte Rentenleistungen vorgesehen – allerdings unter der Bedingung, dass die Beiträge steigen. Die Streiks wurden fortgesetzt, um auf weitere Verhandlungen mit den Arbeitgebern zu drängen. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe der E&W waren weder Verhandlungsergebnisse noch ein Ende der Streiks absehbar. Der Druck auf den Verband UUK nimmt jedoch zu: Bald beginnt die Examensphase. Viele Studierende sind unzufrieden, dass trotz hoher Studiengebühren Seminare ausfallen – auch wenn sie die Streikaktionen unterstützen.

Über die Grenzen Großbritanniens hinweg zeigen sich viele Organisationen und Einzelpersonen solidarisch mit UCU. Ende Februar reiste eine Delegation der GEW nach London. „Es war sehr kalt und es hat geschneit“, doch das habe die Stimmung nicht getrübt, resümiert Manfred Brinkmann, Referent für Internationales beim GEW-Hauptvorstand. Die GEW-Mitglieder nahmen an einem Protestmarsch durch die Londoner Innenstadt teil, in der Hand GEW-Plakate und Ballons. Die Delegierten hielten Reden und bekundeten ihre Solidarität mit den Aktionen der britischen Kolleginnen und Kollegen: „Die Resonanz war durchweg positiv“, sagt Brinkmann. Sally Hunt, Generalsekretärin der UCU, bedankte sich bei der GEW für die Unterstützung.

Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der GEW und Leiter des Organisationsbereichs Hochschule und Forschung, ist beeindruckt von den Streikaktionen, die zurzeit in Großbritannien stattfinden: „Es gibt eine große Bereitschaft, sich gegen Missstände zu wehren.“ Keller erhofft sich vom Arbeitskampf der britischen Kolleginnen und Kollegen eine Vorbildfunktion für die deutsche Hochschullandschaft. Denn auch hier gibt es massive Probleme. Beispielsweise haben viele Hochschulmitarbeiterinnen und -mitarbeiter nur befristete Verträge. „Mit guten Argumenten für faire Beschäftigungsbedingungen ist es nicht getan“, sagt Keller. „Die Beschäftigten müssen sich gewerkschaftlich organisieren und engagieren, um ihre Ziele erfolgreich durchzusetzen.“