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"Sozial- und Erziehungsberufe aufwerten!"

3.000 in Leipzig, 7.000 in Ludwigshafen, zehntausende Streikende bundesweit: Die Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) kämpfen unermüdlich für die finanzielle Anerkennung ihrer Berufe. GEW-Vorsitzende Marlis Tepe bekräftigte am Rhein die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen.

Dauerhaftes Schweigen des Arbeitgebers ist für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst eine unrzureichende Antwort auf ihre Forderungen. Mit Pfiffen, Gesang und viel Humor setzten sie sich heute erneut bundesweit für die Aufwertung ihrer schlecht bezahlten Berufe ein. Der Hauptvorstand der GEW war gleich an zwei Streikorten präsent: Marlis Tepe, GEW-Vorsitzende und GEW-Verhandlungsführer Norbert Hocke unterstützten die Streikenden in Ludwigshafen und München.

Baden-Württemberg

Auch am siebten Streiktag in Baden-Württemberg berichtet die Bildungsgewerkschaft GEW von einer hohen Streikbeteiligung im Sozial- und Erziehungsdienst. „Neben den Erzieherinnen und Erziehern streiken Kinderpflegerinnen, Schulsozialarbeiterinnen, Kindheitspädagoginnen und viele weitere Frauen und Männer in verschiedenen pädagogischen Berufen. Alle werden nach Eingruppierungsregeln bezahlt, die sich an der Arbeit in den Kindergärten im letzten Jahrtausend orientieren. Die Arbeitgeber müssen endlich akzeptieren, dass sich die Arbeit in den Kitas und im gesamten Sozial- und Erziehungsdienst in den vergangenen Jahren grundlegend verändert hat und die Beschäftigten besser bezahlt werden müssen“, sagte in Stuttgart Doro Moritz, Landesvorsitzende der GEW.

Bayern

Rund 800 streikende PädagogInnen aus dem Sozial- und Erziehungsdienst haben heute in München unter dem Motto "„Eine höhere Eingruppierung ist kein Spaziergang" bunt und eindrucksvoll ihre Forderungen an die kommunalen Arbeitgeber unterstrichen. Norbert Hocke, Verhandlungsführer der GEW, forderte den Arbeitgeberverband nachdrücklich auf, endlich nicht nur unverbindliche „Vorschläge“ sondern ein Angebot vorzulegen. Während einer Pressekonferenz macht er deutlich, dass der Bund in die Finanzierung der Kitas einsteigen müsse: „Wir brauchen jetzt eine gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung!“

An den SPD-Politiker Sigmar Gabriel und seine Kollegin Manuela Schwesig wurde appelliert, ihren sehr wohlklingen Worten nun auch Taten auf Bundesebene folgen zu lassen. Anton Salzbrunn, stellvertretender Landesvorsitzender der GEW Bayern, betonte, dass die Streikbewegung in ihrer zweiten Woche zunehmend auch große Unterstützung auf dem Land und bei nicht gewerkschaftlich organisierten PädagogInnen finde.

Über prominenten Unterstützung konnten sich auch zahlreiche ErzieherInnen, KinderpflegerInnen und SozialpädagogInnen in Nürnberg freuen: Die Landtagsabgeordnete Verena Osgyan (B90/Grüne) besuchte das Streiklokal und suchte während eines deftigen Frühstücks den Kontakt mit den Streikenden. In ihrem Grußwort machte die stv. Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag deutlich, wie wichtig die pädagogischen Berufe für unsere Gesellschaft sind. Auch der Nürnberger Stadtrat Titus Schüller machte den Streikenden Mut und forderte sie zum Durchhalten auf, auch wenn die Politik der Stadt Nürnberg sich mit ihrer Stimme im Arbeitgeberverband bis jetzt nicht hinter die Forderungen der Streikenden gestellt habe.

Von der Betriebsseelsorge der Diözese Bamberg überbrachte Martin Plentinger solidarische Grüße und machte deutlich, dass die KollegInnen auch für die vielen kirchlichen Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst mitstreikten, die auch von einer Aufwertung profitieren würden. Auch ein Vertreter des DGB sicherte den Streikenden die Solidarität der anderen Gewerkschaften zu.

Hamburg

Zwar gibt es in Hamburg keine kommunalen Kitas, aber dennoch ist die Finanzbehörde, die richtige Adresse, um das für die Aufwertung nötige Geld einzufordern. Nach zwei Tagen der Beratungen und des Austausches unter den KollegInnen, getrennt in den jeweiligen Gewerkschaftshäusern, fand nun am Dienstag wieder ein gemeinsames Treffen der Streikenden auf dem Gänsemarkt zur Auftaktkundgebung und anschließenden Streik-Demo-Zug durch Hamburgs knapp einen Kilometer lange Einkaufsstraße „Mönckebergstraße“ statt. Die über 3.500 StreikteilnehmerInnen füllten immer noch die Straße, als die ersten des Zuges schon weitere 600 m weiter in den Besenbinderhof zum DGB-Gewerkschaftshaus eintrafen. Allen Unkenrufen zum Trotz waren die Streikbeteiligung noch höher als in der Vorwoche und die Streiklust ungebrochen. Die mobile Streikerfassung der GEW ist den Streikenden mittlerweile so vertraut, dass der blaue Ford-Transit als Orientierung dient, den Weg zur GEW zu finden.

In NRW zog eine Spontan-Demo mit vier Flashmobs durch die Bonner Innenstadt. Eine ver.di-Kollegin heizte den Streikenden auf dem Marktplatz vor dem Alten Rathaus ein: "Arbeitgeber, Arbeitgeber, schläfst du noch? Hörst du nicht die Streikenden? Aufwerten jetzt!!"

Rheinland-Pfalz

Die meisten Streikenden wurden in Ludwigshafen gezählt: 7.000 Streikende demonstrierten in der Rheinstadt und zogen zum Kundgebungsort. Dort sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe mit Blick auf die Erzieherinnen: „Erzieherin zu sein, ist ein Knochenjob – und es ist ein Frauenberuf! Und der muss gut bezahlt werden. Das sehen die Arbeitgeber offenbar nicht so. Sie glauben, dass man Frauen mit viel weniger Geld als Männer in vergleichbaren Berufen abspeisen kann. Sie setzen darauf, dass das Verantwortungsbewusstsein der Kolleginnen für ihre Arbeit sie von der Durchsetzung ihrer legitimen Interessen abhält. Nicht die Erzieherinnen und die Gewerkschaften handeln verantwortungslos, sondern die Arbeitgeber, die Rollenklischees bedienen und finanziell ausnutzen wollen!“ Tepe forderte die Arbeitgeber auf, endlich ein Angebot vorzulegen.

Saarland

Im Saarland haben rund 1.000 Beschäftigte in Schmelz vor dem Rathaus demonstriert. Der Bürgermeister von Schmelz, Armin Emanuel, ist Vorsitzender der kommunalen Arbeitgeber im Saarland. GEW und ver.di forderten die kommunalen Arbeitgeber auf, endlich ein verhandlungsfähiges Angebot auf den Tisch zu legen. Nach Angaben von Willi Schirra, Geschäftsführer der GEW Saarland, erhöht sich die Zahl der Streikenden von Tag zu Tag, ebenso steigt die Zahl der Einrichtungen, die sich am Streik beteiligen.

Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

Nach der beeindruckenden Demonstration in Leipzig mit über 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hoffen die Beschäftigten des Sozial- und Erziehungsdiensts auf ein Angebot der kommunalen Arbeitgeber, das eine deutliche Verbesserung der Eingruppierung darstellt. Allein aus Sachsen-Anhalt waren 500 Kolleginnen und Kollegen nach Leipzig gefahren, um ihrer Forderung nach Anerkennung Ausdruck zu verleihen. Aus Thüringen haben sich mehr als 300 Streikende an der Demonstration beteiligt, während in Erfurt, Gotha, Weimar und Jena sowie in den Landkreisen Weimar, Gotha und Wartburgkreis die Einrichtungen teilweise oder komplett geschlossen blieben.

Am Rande der Kundgebung zeigte sich die stellvertretende Landesvorsitzende der GEW Sachsen-Anhalt, Eva Gerth, beeindruckt von der Bereitschaft der Erzieherinnen und Erzieher, für bessere Arbeits- und Entgeltbedingungen zu demonstrieren: „Der große Enthusiasmus, den wir hier spüren, macht Mut und sollte den kommunalen Arbeitgebern ein klares Signal sein, endlich mit einem realistischen Angebot an den Verhandlungstisch zurückzukehren.“ Die GEW Sachsen-Anhalt rief die Erzieherinnen und Erzieher in Dessau-Roßlau dazu auf, bis einschließlich Freitag weiterzustreiken.