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Rente planen, aber wie?

Wann kann ich in Rente gehen? Mit welchen Abschlägen muss ich rechnen, wenn ich früher aufhöre als gesetzlich vorgesehen? Und wenn ich nach der Regelaltersgrenze weiterarbeiten will? Die neue "E&W" gibt mit drei fiktiven Fällen Tipps.

Foto: Pixabay / CC0
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  • Der Späteinsteiger: Peter Bormann, 63, Gesamtschullehrer, Kunst und Deutsch, Köln:

Als Student Peter Bormann 1984 sein zweites Staatsexamen in der Tasche hat, ist an einen festen Job als Lehrer nicht zu denken. Bormann schlägt sich als freiberuflicher Trainer durch, unterrichtet Deutsch als Fremdsprache an der Volkshochschule, gibt Kurse für Aquarellmalerei und kreatives Schreiben. Es reicht fürs Leben, aber nicht für die Rente. Gerade mal 150 Euro im Monat werden ihm die Pflichtbeiträge aus seiner Zeit als Honorarlehrkraft mal bringen. 1999 fasst Bormann mit 45 Jahren als Vertretungslehrer an einer Gesamtschule Fuß. Die Schulleitung bietet ihm eine unbefristete Vollzeitstelle an. Heute verdient er als Angestellter der Entgeltgruppe 13 Stufe 5, 5.076 Euro brutto, 2.800 Euro netto.

Die Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung rechnet ihm aus: In seinen 20 Berufsjahren als Vollzeitlehrer hat er sich 850 Euro Rente pro Monat erarbeitet, hinzu kommen 320 Euro aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (VBL) und etwa 150 Euro aus seiner selbstständigen Zeit, macht summa summarum 1.320 Euro. Bormann entscheidet: "Ich will länger arbeiten." Sein Ziel sind mindestens 1.500 Euro Rente monatlich. Dafür muss er ein Jahr länger arbeiten, das macht 42 Euro Rente plus 16 Euro VBL. Hinzu kommen 0,5 Prozent Zuschlag für jeden Monat, den er später in Rente geht, macht 60 Euro. Pro Arbeitsjahr ist das ein Rentenplus von etwa 120 Euro. Nach zwei Jahren hätte Bormann 1.560 Euro Rente im Monat sicher. Nun muss er mit dem Schulleiter abklären: Gibt es Bedarf? Zweitens die Verlängerung bei der Personalstelle beantragen, drittens mit dem Personalrat sprechen, denn der muss der Weiterbeschäftigung zustimmen.

  • Die Teilzeitstudienrätin: Ingrid Pors, 60, Gymnasiallehrerin, Englisch und Französisch, Karlsruhe:

Ingrid Pors wird noch während des Studiums schwanger und nimmt nach dem Abschluss 1985 eine Teilzeitstelle an. Mehr als zehn Unterrichtsstunden sind nicht drin. Dass sie mit weniger als zwölf Unterrichtsstunden keinen Anspruch auf Verbeamtung hat, nimmt sie in Kauf. Aufstocken geht nicht, denn mit Mitte 30 ist Pors Mutter von drei Kindern. Als Frau eines Arztes mit gut laufender Praxis fühlt sie sich sicher. Doch mit Ende 40 geht die Ehe in die Brüche, die Rentenansprüche aus dem Versorgungsausgleich sind minimal. Ihr Mann hat in jungen Jahren alles Geld in seine Arztpraxis gepumpt. Nach der Scheidung muss Pors auf Vollzeit gehen.

Heute ist sie 60. Die Vollzeit schlaucht. Am liebsten würde sie ihren Job schon in drei Jahren an den Nagel hängen. Nach 35 Jahren Versicherungszeit steht ihr als "langjährig Versicherte" diese Möglichkeit offen. Aber für jeden Monat, den sie vor der gesetzlichen Altersgrenze aufhört, muss sie 0,3 Prozent Abschlag auf die gesamte Rente hinnehmen. Zudem zahlt die Lehrerin so kürzer in die Rentenversicherung ein - unter dem Strich bedeutet das bei ihrem Gehalt etwa 90 Euro weniger - bis zum Lebensende. Zugleich werden die Beiträge für ihre private Krankenversicherung in den nächsten Jahren steigen, die Rentenkasse übernimmt davon nur einen Anteil in Höhe des gesetzlichen Satzes.

Die Pädagogin hat Rücklagen, wird eine Ausbildung zur Yogalehrerin machen und noch ein paar Jahre Kurse geben. Das bringt ihr 450 Euro zusätzlich, ein steuerfreier Minijob. Mit 65 werden 40.000 Euro aus einer Lebensversicherung fällig, 80.000 Euro brachte ihr der Verkauf ihres Elternhauses, dessen Ertrag sie sich mit den drei Geschwistern teilte. Die Verbraucherzentrale rät ihr, das Geld entweder steuerfrei in eine Sofortrente zu investieren, das bringt bei den niedrigen Zinsen derzeit etwa 300 Euro monatlich. Oder die 120.000 Euro einfach zu verbrauchen. Wenn sie 300 Euro im Monat davon abknapst, reicht das Geld 33 Jahre lang. Dann wäre Pors 96. Stirbt sie jünger, fällt der Rest an ihre Kinder. Das Geld in der Sofortrente hingegen wäre nicht vererbbar.

  • Die Erzieherin: Anke Henning, 58, Erzieherin in einer Kita, Greifswald:

Anke Henning hat so etwas wie eine "Normalerwerbsbiografie" hinter sich. Gleich nach der Fachschule, mit 20, ab in den Beruf. Vollzeit ohne Pause. Seit 38 Jahren. Fehlen nur noch sieben bis zur Regelaltersgrenze. Doch Anke Henning kommt aus Mecklenburg-Vorpommern. Wie in allen ostdeutschen Bundesländern erstritten dort in den 1990er-Jahren Beschäftigte und Gewerkschaften "Sozialtarifverträge". Diese schrieben eine kollektive Arbeitszeitverkürzung fest, um weitere Entlassungen in den krisengeschüttelten Regionen der ehemaligen DDR zu verhindern. Für Hennings Rente wird das zum Stolperstein: Die 21 Jahre Soli-Teilzeit haben Löcher in die Höhe ihrer Rentenbeiträge geschlagen.

Am 1. August 2022 könnte Henning frühestens aufhören. Doch dann würden von ihren 1.000 Euro Rente 11,4 Prozent Abschläge abgezogen. Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst bringt ihr auch nur 150 Euro im Monat, weil diese im Osten erst 1997 eingeführt wurde. Henning wird also bis zur Regelaltersgrenze weiterarbeiten. Auch weil sie als Alleinstehende finanziell auf sich gestellt ist. Zwei Dinge machen Henning jetzt Sorgen: Erstens ihr Rücken, der nach einem Bandscheibenvorfall im Kitaalltag schmerzt. Zweitens die neuen Steuerregelungen: Je später man geht, desto höher ist der steuerpflichtige Anteil der Rente.

Die Erzieherin wird sich nun als Kita-Leiterin bewerben, da hat sie auch mit Ende 50 noch Chancen. In punkto Steuern beruhigt sie ihr Steuerberater: Der steuerpflichtige Rentenanteil steige nur langsam. Außerdem könne sie davon nicht nur den Rentenfreibetrag, sondern auch sämtliche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abziehen. Nur wenn der Rest über dem Grundfreibetrag liegt - 2017 waren das 8.652 Euro im Jahr -, müsse sie Steuern zahlen.