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Bundeskabinett

Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter

Mit dem sogenannten Ganztagsfinanzierungsgesetz hat künftig jedes Grundschulkind Anspruch auf Ganztagsbetreuung. Das Bundeskabinett hat dazu am Mittwoch die Errichtung eines Sondervermögens beschlossen.

Grundschulkinder sollen ab 2025 ein Anrecht auf Ganztagsbetreuung haben. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch in Berlin die Einrichtung eines Sondervermögens in Höhe von zwei Milliarden Euro. Damit unterstützt der Bund die Länder in dieser Legislaturperiode beim Ausbau der kommunalen Bildungsinfrastruktur für die Ganztagsbetreuung – den Angaben zufolge quantitativ und qualitativ.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) erklärte: Qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote müssen die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler ermöglichen: Die einen brauchen besondere Unterstützung beim Lernen, die anderen sollten durch zusätzliche Angebote gefördert werden. Der Ganztag muss für die Kinder einen echten Mehrwert bringen. Nur dann werden Kinder und Eltern die Ganztagsangebote nutzen.“

Die Investitionen dienen laut Bildungsministerium (BMBF) „der Vorbereitung eines bundesweiten Rechtsanspruchs“. In den Jahren 2020 und 2021 sind dafür jeweils eine Milliarde Euro für das Sondervermögen vorgesehen, die jeweils zur Hälfte im Haushalt des BMBF und des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) etatisiert werden. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) betonte bereits: „Ich gehe davon aus, dass es nach 2021 weitergehen muss.“ Mit dem Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter wird eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt.

„Ich würde immer zwischen Bildung und bloßer Beaufsichtigung unterscheiden. Die Qualität im Ganztag muss stimmen!“ (Ilka Hoffmann)

Die GEW plädiert mit Blick auf den Ganztag für ein Schulmodell, in dem sich Arbeits- und Ruhephasen in einem ausgewogenen Rhythmus über den Tag verteilen – auch um die Beschäftigten zu entlasten. Das Konzept eines solchen „rhythmisierten Schultags“ sei in den Schulen aber noch nicht angekommen, sagte GEW-Schulexpertin Ilka Hoffmann jüngst bei einer Diskussionsrunde in Frankfurt am Main. Zudem betonte sie: „Ich würde immer zwischen Bildung und bloßer Beaufsichtigung unterscheiden. Die Qualität im Ganztag muss stimmen!“ In einer gebundenen Ganztagsschule etwa müsse der Nachmittag aus mehr Bildungsangeboten bestehen, die idealerweise mit dem Vormittag im Einklang stünden. 

Der Direktor des Deutschen Jugendinstituts in München, Thomas Rauschenbach, forderte in einem Gastkommentar für die „E&W“ eine einheitliche Vorstellung davon, warum Ganztagsschulen notwendig seien, und was diese zu ebensolchen guten Schulen mache. „Die Bildungsrepublik Deutschland muss sich in Sachen Ganztagsschule langsam mal entscheiden, was sie will, welches Ziel sie damit verfolgt. Geht es um mehr Unterricht und verbesserte Leistungen, also um mehr Schule am Nachmittag? Oder um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Eltern und damit um mehr Betreuung für die Schulkinder?“

„Wir stellen mittlerweile alles ein, was von sich sagt, es möchte gern mit Kindern arbeiten.“ (Kathrin Vitzthum)

Die „E&W“ machte das Thema Ganztag im Januar 2018 zum Schwerpunkt. Eng mit dem Ausbau des Ganztags verbunden ist das Thema Fachkräftemangel. „Wir stellen mittlerweile alles ein, was von sich sagt, es möchte gern mit Kindern arbeiten“, klagt zum Beispiel die thüringische GEW-Landesvorsitzende Kathrin Vitzthum. In Thüringen bieten ihr zufolge 90 Prozent der Grund- und um die 50 Gemeinschaftsschulen ein Ganztagsprogramm an.