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Privatisierungsreport 9: Schulnahe Dienstleistungen

Die öffentliche Schule war schon immer ein Geschäftsfeld für private Unternehmen. Verlage verkaufen Schulbücher und Lehrmaterial. Geräte-Hersteller rüsten Physikraum und Chemielabor aus. Unter der Überschrift „Selbstständige Schule“ und „Qualitätsentwicklung“ finden Schulen sich jedoch zusehends in der Rolle des „Kunden“ privater Dienstleister wieder, weil sie gezwungen sind, sich mit „Controlling“, „Personalbewirtschaftung“ oder „Corporate Identity“ zu beschäftigen. Seit einigen Jahren drängen neue private Anbieter auf diesen Markt.

Sie verkaufen vor allem Dienstleistungen in den Bereichen Qualitätsentwicklung, Evaluation, Beratung, Coaching von Schulleitern, Fortbildung von Lehrkräften, E-Learning sowie Entwicklung und Vertrieb von Unterrichtsmaterialien. Was auffällt: Hier tummeln sich also nicht mehr nur traditionelle Anbieter wie die großen Schulbuchverlage Cornelsen und Klett. Hier agieren auch Firmen und Institutionen, die entweder neu sind oder die von der Öffentlichkeit bislang kaum mit Schule in Verbindung gebracht wurden. Der Privatschulkonzern Phorms Holding SE gehört dazu oder der Berliner Verein BildungsCent e.V. Die „Geschäftsfelder“ dieser Firmen und Vereine spiegeln zugleich, welche Bereiche bei der Entwicklung zur „Selbstständigen Schule“ bisher im Mittelpunkt standen: Qualitätssicherung, Rechenschaftslegung, Sach und Personalmittelbewirtschaftung und Schulleitung als Führungsaufgabe. Die pädagogisch selbstständige und demokratische Schule – eine langjährige Forderung der GEW – tritt dahinter oft zurück.

Je mehr bei der Entwicklung zur „Selbstständigen Schule“ nur eine neue Art der Steuerung des Schulwesens, das Budget, die Mittelbewirtschaftung und der „Output“ im Zentrum stehen, desto größer werden die Gefahren und Nebenwirkungen sein: die Vertiefung der sozialen Spaltung, die Privatisierung und Kommerzialisierung öffentlicher Aufgaben, die Verwaltung des knappen Bildungshaushalts durch die Einzelschule, die Deregulierung der Beschäftigungsverhältnisse, die schleichende De-Professionalisierung des Lehrberufs und nicht zuletzt der Abbau von Partizipation und Mitbestimmung.

Schulnahe Dienstleistungen: Was tut sich auf diesem Feld? Saugen private Akteure knappe öffentliche Mittel ab, um Profit zu machen? Wird mit schulnahen Dienstleistungen auch die politische Weltsicht der Wirtschaft sowie Produktwerbung an Schulen platziert? Und was setzt die GEW dem entgegen? Davon handelt der vorliegende Privatisierungsreport Nummer 9.