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Private Billigschulen in Afrika

In Afrika gibt es einen Boom privater Billigschulen, betrieben von internationalen Konzernen, die mit unausgebildeten Lehrern Profite machen. Die kenianische Gewerkschaft KNUT wehrt sich dagegen und soll deshalb juristisch belangt werden.

Mehr als 400 private Billigschulen in Kenia

Internationale Konzerne haben eine neues profitable Geschäftsmodell entwickelt: Sie gründen in Entwicklungsländern private Schulen in Armenvierteln, erheben vergleichsweise geringe Schulgebühren und beschäftigen unqualifizierte Lehrkräfte, denen sie für den Unterricht ein Tablet mit standardisierten Curriculum in die Hand geben. Allein in Kenia habe Bridge International Academies in wenigen Jahren mehr als 400 solcher privater Billigschulen aus dem Boden gestampft, berichtete der Generalsekretär der kenianischen Lehrergewerkschaft KNUT, Wilson Sossion, am 31. Mai auf einer Veranstaltung vor rund 60 Teilnehmenden in Berlin. Unter dem Titel "Earning by learning - Is this the future of Education in Africa?" hatte die Friedrich-Ebert-Stiftung den Lehrer und Gewerkschafter Sossion, die deutsche Bildungsforscherin Prof. Annette Scheuenpflug und den Australier Angelo Gavrielatos von der Bildungsinternationale zu einer Podiumsdiskussion eingeladen.

Gute Bildung geht anders

"Die Schulen von Bridge International Academies arbeiten außerhalb der kenianischen Gesetze", kritisierte Sossion. "Die Mehrzahl dieser Schulen ist nicht registriert und folgt nicht den nationalen Curricula. Die dort arbeitenden Lehrerinnen und Lehrer werden schlecht bezahlt und sind für den Unterricht nicht qualifiziert. Gute Bildung geht anders. Solche Schulen fördern Ungleichheit."  Im Nachbarland Uganda hatte ein Gericht aus diesen Gründen vor einigen Monaten die Schließung der von Bridge International Academies betriebenen Schulen verfügt. Das hindere den Privatschulbetreiber jedoch nicht daran, mit Hilfe internationaler Geldgeber in Afrika weiter zu expandieren. Dabei sei man nicht gerade zimperlich, sagte Sossion. In Kenia will Bridge International Academies Wilson Sossion nun mundtot machen und hat ihn und seine Gewerkschaft KNUT verklagt, weil sie öffentlich kritisieren, dass in den Billigschulen mit unqualifiziertem Personal und untauglichen Lehrplänen gearbeitet wird.

Internationale Förderung von Billigschulen

"Private Billigschulen sind vor allem ein Problem der anglophonen Länder, aber es ist ein Virus, der sich ausbreitet", berichtete auch Angelo Gavrielatos, der für die Bildungsinternationale eine weltweite Kampagne gegen Privatisierung von Bildung  koordiniert. "Während Kenia jährlich nur rund 10 Millionen Dollar Entwicklungshilfe für öffentliche Bildung erhält, wird Bridge International Academies mit 100 Millionen Dollar von der Weltbank, dem Pearson-Konzern, Mark Zuckerberg, Bill Gates und der britischen Regierung gefördert." Sechs Dollar pro Kind und Monat koste der Besuch einer Billigschule der Bridge International Academies, bezahlt würde auch für einzelne Schultage. Wer das Geld nicht aufbringen könne, dürfe auch nicht zur Schule gehen, erklärte Gavrielatos. Er kritisierte zudem, dass die Ärmsten der Armen selbst ein geringes Schulgeld meist nicht bezahlen können, zumal wenn sie mehrere Kinder zu ernähren haben. Dazu komme, dass wenn überhaupt zuerst die Jungen zur Schule geschickt werden. Für die Mädchen reiche das Geld meist nicht mehr.

Qualität der Bildung hängt von den Lehrkräften ab

Auch Annette Scheuenpflug von der Universität Bamberg  kritisierte des Geschäftsmodell privater Billigschulen: "Vorgefertigte standardisierte Unterrichtspläne können keine qualifizierten Lehrkräfte ersetzen." Die Qualität der Bildung hänge entscheidend von der Qualifikation der Lehrkräfte ab. Scheuenpflug warnte jedoch vor einer Pauschalverurteilung privater Bildungsanbieter in Entwicklungsländern. Es gebe zahlreiche Privatschulen in Afrika, die nicht auf Gewinn ausgerichtet seien und gute Arbeit leisteten. Dies bestätigte auch Wilson Sossion: "Wir sind nicht gegen Privatschulen in Kenia, wenn diese nationale Gesetze respektieren, staatliche Lehrpläne befolgen, qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer beschäftigen und sie angemessen bezahlen."  Dennoch sei Bildung zu allererst eine staatliche Aufgabe. Wilson fordert dazu auf, die kenianische Regierung bei der Verwirklichung des UN-Nachhaltigkeitsziels 4 zu unterstützen, das kostenfreie Bildung für alle bis zum Jahr 2030 vorsieht.