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Kritik am „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“

Pakte der vertanen Chancen

Heute beschließt die Konferenz der Regierungschefinnen und -chefs des Bundes und der Länder ein Hochschulförderprogramm auf Sparflamme. Eine Kritik der Studierenden.

„Bund und Länder haben die Chance verpasst, die Studien- und Arbeitsbedingungen an den Hochschulen konsequent zu verbessern.", sagt Isabel Schön vom fzs. Der freie zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) und die GEW Studis begrüßen zwar grundsätzlich die Weiterführung wichtiger Finanzierungsmaßnahmen der Hochschulen, sowie die Verstetigung der Förderprogramme für Lehrausgestaltung, sehen die Bemühungen allerdings nicht als weitreichend genug.

„Nun liegt es wieder im Ermessen der einzelnen Bundesländer, welche Schwerpunkte beim Einsatz der Mittel vom Zukunftsvertrag gesetzt werden und wie intensiv sie das gesteckte Ziel, den Anteil der entfristeten Beschäftigungsverhältnisse zu erhöhen, verfolgen. Die durchschnittliche Studiendauer steigt aus vielen Gründen seit Jahren an, so nimmt z.B. der Anteil an Studierenden mit Kind sowie der Anteil von Studierenden mit psychischer Beeinträchtigung stetig zu. Wir sind besorgt, dass das stark gewichtete Kriterium zur Mittelvergabe 'Studierende in Regelstudienzeit + zwei Semester' Anreize setzt Studierende danach  zu exmatrikulieren. Deswegen appellieren wir gemeinsam an Länder und Hochschulen auch weiterhin lebenslanges interessengeleitetes Lernen an Hochschulen zu ermöglichen.“

Neben dem Zukunftstvertrag wurde auch der ehemalige Qualitätspakt Lehre verstetigt und Pakt für „Innovation in der Hochschullehre“ getauft. Dabei wurden die Mittel um 25 Prozent gekürzt, eine neue Organisation soll der Lehre im Hochschulbereich zu mehr Bedeutung verhelfen. Der Modus der Förderung bleibt jedoch insofern ähnlich, als dass die Mittel weiterhin wettbewerblich ausgeschrieben und projektbasiert vergeben werden. 

„Das ist keine gute Bilanz für die Verbesserung von Lehre. Die Frage ist, ob das Ziel - die Erhöhung der Qualität der Lehre an den Hochschulen - durch wettbewerbsartig ausgeschriebene Drittmittel erreicht werden kann. Durch die Projektförderung werden im Zweifel wieder Sachgründe für Befristung geliefert. Die Förderung von Innovation ist wichtig, allerdings brauchen die Hochschulen eine solide Grundfinanzierung um positiv evaluierte Projekte dann auch dauerhaft fortführen oder ausweiten zu können. Wir müssen aufpassen, dass nicht Innovation rein um Innovationswillen die dringend notwendige Debatte über die Betreuungsrelationen überstrahlt.“, sagt Sabrina Arneth von den GEW Studis.

Arneth weiter: „Für uns ist klar, dass der Schlüssel für gute Studien- und Lernbedingungen vor allem Dauerstellen, Einheit von Forschung und Lehre und gute Betreuungsrelationen sind. Darüber müssen wir jetzt sprechen. Die Länder müssen sich sinnvolle Ziele setzen, die sowohl die Interessen der Lehrenden als auch der Studierenden an unseren Hochschulen im Blick haben. Es muss endlich Schluss sein mit dem Befristungswahnsinn an den Hochschulen. Frist ist Frust - und wir, die Studierenden, sind von den angespannten Situationen direkt betroffen und beobachten die Entwicklungen in der Hochschullandschaft seit Jahren mit Sorgen.“

Info:

Am Freitag, 3. Mai 2019, hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) drei „Pakte“ zur Sonderfinanzierung von Lehre und Forschung beschlossen:
Der Hochschulpakt, der seit 2007 zur Finanzierung zusätzlicher Studienplätze geschlossen dient, heißt jetzt: Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken (ZSL) und wird auf Dauer gestellt. Von 2021 bis 2023 fließen jährlich 3,8 Milliarden Euro hälftig finanziert von Bund und Ländern. Diese Summe wird ab 2024 auf jährlich 4,1 Milliarden Euro erhöht und soll 2027 neu verhandelt werden.


Der Qualitätspakt Lehre heißt jetzt Innovation in der Hochschullehre und wird ebenfalls auf Dauer gestellt. Die Mittel werden von 200 auf 150 Millionen Euro pro Jahr gesenkt. Es soll eine neue unabhängige, aber organisatorisch unselbständige Organisationeinheit zur Förderung der Lehre und Vergabe der Mittel gegründet werden.
Beim Pakt für Forschung und Innovation, der zur Finanzierung der vier außeruniversitären Forschungsinstitute und der DFG geschlossen wurde, wird die bereits bestehende jährliche Steigerung von 3 Prozent bis 2030 fortgeschrieben.
 

Die Kampagne Frist ist Frust http://frististfrust.net, die von den Studierendenorganisationen unterstützt wird, hatte die Verhandlungen um die Zukunft der Wissenschaftspakte begleitet. Die zentrale Forderung der der Kampagne ist, dass hundert Prozent der Mittel aus dem Zukunftsvertrag für Dauerstellen eingesetzt werden, um den viel zu hohen Befristungsanteilen in der Wissenschaft etwas entgegen zu setzen.