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OECD-Bildungsstudie: Deutschland lernt nicht viel dazu

Zu wenig Akademiker, zu geringe Bildungsausgaben, zu wenig Förderung für gering Qualifizierte. Die Mängelliste in Bezug auf die deutsche Bildungspolitik ist auch in der diesjährigen Ausgabe der OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" gegenüber den Vorjahren nicht kürzer geworden.

Erstmals legte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) heute in Berlin zeitgleich mit der internationalen Vergleichsstudie "Bildung auf einen Blick 2010" auch eine Länderstudie zur Beruflichen Bildung in Deutschland vor.

Bei der Beruflichen Bildung erkennt die Studie immerhin positive Ansätze: Das System verbinde Lernen im Betrieb und in der Schule, werde mit großem Engagement von den Sozialpartnern getragen und genieße in der Gesellschaft hohes Ansehen. Dennoch fehlten, so der Länderbericht, bei einer nach wie vor erheblichen Zahl von Jugendlichen, die statt einer beruflichen Ausbildung an Maßnahmen im so genannten Übergangssystem teilnehmen, bislang ausreichende Instrumente, um auf Defizite bei grundlegenden Kompetenzen zu reagieren. Insgesamt müssten mehr Anstrengungen unternommen werden, um die Jugendlichen fit für die reguläre berufliche Ausbildung zu machen.

Positiv bewerten die Bildungsforscher die Öffnung der Hoch- und Fachhochschulen für Absolventen der beruflichen Bildung auch ohne Abitur. Sie bemängeln jedoch die Umsetzung: Weniger als ein Prozent der beruflich Qualifizierten ohne Abitur nähmen ein Studium an einer Universität auf (Fachhochschulen: 1,8 Prozent). Neben dem formalen Zugang müssten der Studierfähigkeit und geeigneten Rahmenbedingungen an den Hochschulen mehr Beachtung geschenkt werden.

Rückschritt statt Fortschritt

Im internationalen Vergleich lassen die Ergebnisse der OECD-Studie nur einen Schluss zu: Deutschland hat seine Hausaufgaben nicht gemacht, die letzten Jahre waren eher von Rückschritt als von Fortschritt geprägt.

Die Bildungsausgaben lagen laut OECD 2007 in Deutschland nach internationaler Abgrenzung bei 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), mit rückläufiger Tendenz! Nur die Slowakei, Tschechien und Italien gaben von allen Vergleichsländern einen noch geringeren Anteil der Wirtschaftsleistung für Bildung aus. Spitzenreiter waren dagegen die USA, Korea und Dänemark mit über sieben Prozent des BIP für Bildung.

Auch in Bezug auf die Akademikerquote fällt Deutschland international immer weiter zurück: Zwar stieg der Anteil der Hoch- und Fachhochschulabsolventen am typischen Abschlussjahrgang zwischen 2000 und 2008 von 18 auf 25 Prozent (einschließlich internationale Studierende). Im OECD-Mittel verlief diese Entwicklung jedoch dynamischer und auf einem höheren Niveau: Hier wuchs der Anteil der Hochqualifizierten am typischen Abschlussjahrgang im gleichen Zeitraum von 28 auf 38 Prozent. Trotz einer Zunahme bei Studienanfängern und Absolventen, so der Bildungsbericht, bleibe Deutschland in der OECD nach der Türkei, Belgien und Mexiko das Land mit der geringsten Studierneigung.

"Fata Morgana"

"Die Bildungsrepublik Deutschland ist eine Fata Morgana. Allen Rechentricks der Finanzminister, Sonntagsreden der Politiker und Bildungsgipfeln zum Trotz: Im internationalen Vergleich investiert Deutschland weiterhin viel zu wenig in sein Bildungswesen“, so GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne in einer ersten Reaktion auf die OECD-Studie. "Um international nicht noch weiter abgehängt zu werden, müssen Bund und Länder endlich die Bremsen lösen und die während des Bildungsgipfels vereinbarten finanziellen Ziele auch anpacken – statt die Bildungsausgaben nur schön zu rechnen", forderte Thöne. "Sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und drei Prozent für Forschung sind die Messlatte. Pensions-Ausgaben für ehemalige Lehrkräfte hellen zwar die Statistik auf, die Qualität des aktuellen Bildungsangebotes verbessern sie aber um keinen Deut.“

Thöne wies darauf hin, dass höhere Studier- und Akademikerquoten in anderen Staaten einher gehen mit einer besseren Finanzausstattung des Bildungsbereichs. Die Bundesrepublik mit ihrem hochselektiven Bildungswesen steuere dagegen in einen massiven Akademiker- und Fachkräftemangel.

"Wer mehr Studierende und Akademiker haben will, muss die enge Kopplung von sozialer Herkunft und Bildungschancen durchbrechen", betonte der GEW-Vorsitzende. "Dieser Prozess beginnt mit mehr und qualitativ hochwertigen Angeboten in der Kita, verlangt aber auch, den Zugang zu den Hochschulen zu erleichtern und Anreize für die Aufnahme eines Studiums zu schaffen – statt die dringend notwendige BAföG-Reform auf Eis zu legen", erklärte Thöne.

Insbesondere mit Blick auf den Lehrermangel verlangte er, dass die pädagogischen Berufe gesellschaftlich deutlich aufgewertet werden müssten.