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OECD-Bildungsstudie: Deutschland fällt immer weiter zurück

In den letzten 50 Jahren ist die Zahl der hochqualifizierten Menschen in der Bundesrepublik laut dem heute veröffentlichten OECD-Bericht “Bildung auf einen Blick 2011” im internationalen Vergleich kaum gestiegen. Lag Deutschland mit 19 Prozent Anfang der 1960er-Jahre international noch im oberen Mittelfeld, rutschte es mit nun 26 Prozent auf einen der letzten Plätze ab.

Der neue Bürgerrat will Menschen zusammenbringen, um gemeinsam über Bildung nachzudenken. (Foto: Alexander Paul Englert)

Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bezieht in ihre Berechnungen für Abschlüsse im tertiären Bereich junge Erwachsene ein, die einen Hoch- oder Fachschulabschluss beziehungsweise einen Meisterbrief erworben haben.

Zu diesen Hochqualifizierten zählten im OECD-Durchschnitt Ende der 1950er-/Anfang der 1960er-Jahre nur 13 Prozent aller Menschen, im Jahr 2009 hatte sich deren Zahl auf 37 Prozent fast verdreifacht.

Spitzenreiter bei der Entwicklung sind Südkorea und Japan, die mit sechs bzw. knapp 14 Prozent starteten und heute mit 63 und 56 Prozent aller 25- bis 34-Jährigen über den höchsten Anteil von Hochqualifizierten verfügen. Deutschland hat mit lediglich sieben Prozentpunkten Zuwachs die geringste Steigerungsrate aller OECD-Länder.

GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne erklärte, es sei skandalös und schwäche die Innovationsfähigkeit Deutschlands, wenn nicht mehr junge Menschen als bisher bis in die höchsten Qualifikationsstufen geführt werden könnten. "Die Grundlagen hierfür werden in der frühkindlichen Bildung gelegt. Aber beim Ausbau von Krippen und Kitas hapert es ebenso, wie bei der Umsetzung eines inklusiven Schulwesens, das alle Kinder bestmöglich fördert", so Thöne.

Viele Vorteile für Hochqualifizierte

Laut OECD-Statistik sind Abschlüsse im tertiären Bereich für Absolventen und Gesellschaft in vieler Hinsicht vorteilhaft. Pluspunkte sind u. a. geringere Arbeitslosigkeit, deutlich höheres Einkommen, größere Zufriedenheit, eine positivere Einstellung gegenüber Gesellschaft und Ausbildung oder größeres ehrenamtliches Engagement.

Dazu kommt in Deutschland noch ein klarer wirtschaftlicher Gewinn für den Staat: Laut Studie gibt es außer den USA kein anderes Land, in dem staatliche Investitionen in Universitäts-, Fachschul- oder gleichwertige Bildung einen so großen Kapitalwert abwerfen wie in Deutschland.

Statt jedoch mehr Geld auszugeben, um möglichst viele junge Menschen zu möglichst hohen Abschlüssen führen zu können, setzen Bund und Länder paradoxerweise den Rotstift an: Gab laut OECD Deutschland im Jahr 1995 5,1 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Bildung aus, waren es 2008 nur noch 4,9 Prozent; der OECD-Durchschnitt lag in dem Jahr bei 5,9 Prozent. Damit belegte Deutschland Platz 30 unter den 36 Ländern, für die entsprechende Daten vorlagen.

GEW-Vorsitzender Thöne forderte vor diesem Hintergrund eine solide finanzielle Ausstattung und den Abbau sozialer Hemmnisse für den gesamten Bildungsbereich. "Bildung ist weit mehr, als für den Beruf fit zu machen. Sie eröffnet Menschen Perspektiven und ist der Schlüssel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Kreative und inklusive Bildung fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wer sich über mangelnde Wahlbeteilung beklagt, sollte nicht an der Bildung sparen", erklärte Thöne. "Gute Bildung für alle können wir nur erreichen, wenn die Bildungsfinanzierung vom Kopf auf die Füße gestellt wird."