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„Sexualitäten, Geschlechter und Identitäten“

Neue Unterrichtsmaterialien zu sexueller Vielfalt

Die Bundeszentrale für politische Bildung will das Thema sexuelle Vielfalt stärker in die Schulen bringen und hat dazu Materialien für Lehrende veröffentlicht. Bei der Inklusion gehe es um alle Aspekte von Diskriminierung, betont die GEW.

Obwohl die Geschlechtergerechtigkeit auf rechtlicher Ebene Fortschritte macht – Stichworte Ehe für alle und drittes Geschlecht – werden im Alltag nach wie vor etliche Menschen wegen ihrer Sexualität oder geschlechtlichen Identität diskriminiert. Mit dem Themenheft „Sexualitäten, Geschlechter und Identitäten“, das sich an Lehrkräfte richtet, will die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) die kontroversen Debatten versachlichen und das Thema sexuelle Vielfalt stärker in Schulen sowie die außerschulische Jugendbildung tragen. Die Unterrichtsmaterialien für die Sekundarstufen I und II bestehen aus acht Bausteinen, die nach Angaben der wissenschaftlichen Leiterin und Herausgeberin Susanne Offen auch einzeln genutzt und angepasst werden können: 

  1. Politisches Engagement für eine vielfältige Gesellschaft
  2. Das Verhältnis von Sport, Geschlechtern und Sexualitäten
  3. Kleiderordnungen im Beruf, „Mädchenfarben“ und „Jungs-Spielzeuge“ im Kinderzimmer
  4. Geschlechterverhältnisse im Bildungswesen: Sichtbarkeit und Anerkennung von LGBT*QI
  5. Die rechtliche und persönliche Situation von LGBT*QI international
  6. Aufführung der Geschlechter und Identitäten? Bühnen in Film und Musik
  7. Wandel der Zeiten: Geschichten von Aufbegehren und Subversion
  8. Sexualitäten und Geschlechter im deutschen Recht 

Stereotype, Diskriminierung und Homophobie gebe es schon unter Schülerinnen und Schülern, dem gelte es „besonnen die Stirn zu bieten“, sagte bpb-Präsident Thomas Krüger am Montag in Berlin bei der Vorstellung der Publikation. Der Fokus der neuen Unterrichtsmaterialien liege dabei auf der politischen Bildung, nicht der sexuellen Aufklärung.

Auch im Bildungsbereich gebe es Diskriminierung, betonte GEW-Vorstandsmitglied Frauke Gützkow. Viele Lehrkräfte sagten beispielsweise aus, noch nie mit Materialien gearbeitet zu haben, in denen Lesben oder Schwule vorkämen. Ein Teil des Bausteins zu Geschlechterverhältnissen im Bildungswesen ist eine entsprechende Überprüfung von Schulbüchern.

„Es reicht nicht aus, das in einer Projektwoche zu besprechen.“ (Charlotte Kastner)

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes fordert, sexuelle Vielfalt als Querschnittsthema in Lehr- und Bildungspläne sowie Schulbücher aufzunehmen. „Es reicht nicht aus, das in einer Projektwoche zu besprechen“, betonte Referentin Charlotte Kastner. Erforderlich seien Ansprechpartnerinnen und -partner sowie Fortbildungen für Lehrende. „Und es muss verpflichtend in die Lehramtsausbildung rein.“ Gützkow mahnte, das Thema nicht isoliert zu betrachten, „sondern als Teil der Menschenrechtsbildung“ – und als ein Aspekt von Inklusion. 

Auch seitens der Jugendlichen gibt es offenbar Bedarf: „Es besteht eine unglaublich große Neugier und Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen – aber auch Unsicherheit“, verwies der Berliner Gymnasiallehrer Phil Elsen auf seine Erfahrungen mit den Jahrgangsstufen 11 und 12. „Ziel von Schule muss es sein, dass sexuelle Vielfalt normal wird.“ Lehrkräfte müssten das Thema „behutsam und sensibel angehen und Raum für Fragen lassen“. 

Die bpb-Reihe „Themen und Materialien“ umfasst didaktisch aufbereitete Arbeitsmaterialien für die schulische und außerschulische politische Bildung zu Themen aus Politik, Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Zeitgeschichte. Die Materialien vermitteln Grundlagen und praxisnahe Anregungen für handlungsorientiertes Lernen in gesellschaftswissenschaftlich orientierten Fächern sowie in Seminaren und Kursen der außerschulischen politischen Jugendbildung.