Zum Inhalt springen

Mehr als ein alltäglicher Kongresstag

„What a fantastic morning!“, kommentierte die Präsidentin der Bildungsinternationale (BI), Susan Hopgood, die Diskussionen und Beschlussfassungen am Donnerstag Vormittag, dem dritten Tag des 7. BI-Weltkongresses in Ottawa (Kanada).

Mit den Themen Finanzierung der Bildung, frühkindliche Bildung, Inklusion, Berufsbildung und „gesunde Bildungseinrichtungen“ wurden grundsätzliche Schwerpunkte der inhaltlichen Arbeit der BI im Plenum beraten. Beeindruckend: die Sachlichkeit der Diskussionen und das große Einvernehmen in den Entscheidungen.

Mehr Geld für Bildung

Das Grundrecht auf öffentliche Bildung, die kostenfreie, qualitativ gute Bildung für alle und von Anfang an sowie die Sicherstellung sozialer Gerechtigkeit – um diese grundsätzlichen Ziele zu erreichen, müssen die Staaten über ausreichende finanzielle Ressourcen verfügen. In einer Resolution wurde deshalb ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen. Einvernehmen bestand in der Forderung, dass die Staaten künftig zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Bildung zur Verfügung stellen müssen. Die Forderung nach einer deutlichen Erhöhung der Bildungsausgaben soll u.a. durch Steuergerechtigkeit, Austrocknen der Steuerparadiese und Einführung einer Finanztransaktionsteuer finanziert werden. Bei der finanziellen Unterstützung von Staaten soll ein großer Teil der Mittel zweckgebunden für den Bildungsbereich eingesetzt werden.

Auf den Anfang kommt es an

In einer engagierten Debatte arbeitete das Plenum heraus, dass die BI in den kommenden Jahren ihre Aktivitäten zum qualitativen und quantitativen Ausbau der frühkindlichen Bildung und Erziehung deutlich verstärken wird - und muss. Das Recht jedes Kindes auf frühkindliche Bildung in einer öffentlichen Kindertageseinrichtung und die Sicherstellung einer hohen Qualität der frühkindlichen Bildung sind eine wichtige Voraussetzung und Grundlage für die erfolgreiche Gestaltung des weiteren Bildungswegs. Dies schließt eine hohe Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher sowie eine Aufwertung der Profession der in der frühkindlichen Bildung tätigen Pädagoginnen und Pädagogen ein. Klaus-Peter Hammer, Vorsitzender der GEW Rheinland-Pfalz, berichtete über die aktuelle Tarifauseinandersetzung im Sozial- und Erziehungsdienst in Deutschland. Er begründete damit den (erfolgreichen) Änderungsantrag der GEW, der in dem Leitantrag ergänzt, dass es auch um die Aufwertung eines Frauenberufs und der pädagogischen Arbeit mit Kindern im vorschulischen Alter geht.

Gemeinsam für inklusive Bildung stark machen

Dass Bildung inklusiv sein muss, ist in der BI völlig unstrittig. Der Inklusionsbegriff wird umfassend verstanden: die „sonderpädagogischen Förderbedarfe“ spielen (auch) eine Rolle, daneben werden aber alle Formen der Diskriminierung, sozialen Benachteiligung und Armut in den Fokus genommen. Inklusive Bildung braucht förderliche Rahmenbedingungen, um erfolgreich gestaltet zu werden. Die aktuelle gemeinsame Erfahrung zeigt aber, dass das Bildungswesen weltweit unterfinanziert ist und in Zeiten der Austeritätspolitik insbesondere die benachteiligten Kinder und Jugendlichen darunter leiden. Deshalb müssen gerade für sie, aber auch um die Lehrkräfte zu unterstützen, gute und förderliche Rahmenbedingungen als unverzichtbare Voraussetzungen für ein inklusives Bildungssystem geschaffen werden. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören u.a.: kleine Klassen, ausreichendes (multiprofessionelles) Lehrpersonal insbesondere auch Lehrkräfte mit eigenen Behinderungen und die Qualifizierung der Lehrkräfte. Wichtig sind aber auch die gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung der Inklusion, der Abbau von Vorurteilen und die Überzeugung, dass jedes Kind es wert ist, individuell bestmöglich unterstützt zu werden. Die Delegierten beauftragten die BI, in diesem Sinn gemeinsame Programme zu entwickeln und umzusetzen, wissenschaftliche Studien in Auftrag zu geben und weltweit den Druck auf die Regierungen spürbar zu erhöhen.

Berufsbildung verbessern

Völliges Einvernehmen bestand auch in der Frage, dass die Bedingungen, unter denen die berufliche Bildung realisiert wird, ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit der BI werden muss.Weltweit trifft die Austeritätspolitik insbesondere viele Jugendliche schwer. Sie sind in der Wirtschafts- und Finanzkrise arbeitslos geworden. Um jungen Menschen eine reale Perspektive zu geben, ist eine gute berufliche Bildung unverzichtbar. Sie ist ein wichtiger Beitrag für die eigene Entwicklung, aber auch für den wirtschaftlichen Erfolg und ein nachhaltiger Beitrag zur Bekämpfung der Armut.

Für einen wirksamen Arbeits- und Gesundheitsschutz

Unverzichtbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Bildung sind nach Auffassung der Delegierten „gesunde“ Bildungseinrichtungen. Günstige Lernbedingungen für die Schülerinnen und Schüler gehören ebenso dazu wie gute Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte. Die Delegierten beauftragten den BI-Vorstand, internationale Mindestnormen zu entwickeln und die Gewerkschaften bei ihrem Kampf um bessere Lern- und Arbeitsbedingungen für SchülerInnen und Lehrkräfte zu unterstützen.

Was war sonst noch?

Im zweiten Teil der Wahlen wurden für die fünf Weltregionen der BI (Afrika, Asien/Pazifik, Europa, Latein- und Nordamerika) per Akklamation je zwei VertreterInnen gewählt. Durch Vorentscheidungen in den Konferenzen der Regionen war diese einvernehmliche Lösung möglich. Diese Form der Wahlen ist in der BI, in der sich rund 400 Gewerkschaften aus über 170 Staaten organisiert haben und die über 32 Millionen Beschäftigte vertritt, ein nachvollziehbares Verfahren. Es stellt eine sehr breite Repräsentanz von Organisationen und Regionen sicher.
BI-Generalsekretär Fred van Leeuwen gelang es, auf alle Anmerkungen zum Entwicklungsbericht (bei der GEW: Rechenschafts- bzw. Tätigkeitsbericht) konstruktive Antworten zu formulieren. Das Plenum nahm den Bericht ohne Gegenstimmen an.