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fair childhood - Bildung statt Kinderarbeit

Lieferkettengesetz jetzt!

Bei der Lobbyarbeit für das Lieferkettengesetz müssen wir Gewerkschaften im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der arbeitenden Kinder ein Gegengewicht zu den Interessen der Unternehmen bilden.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe (Foto: Kay Herschelmann)

Der Kampf gegen Ausbeutung und Kinderarbeit gehört zu den Grundsätzen der Gewerkschaftsbewegung von Anfang an. In Deutschland steht am 17. März mit der Kabinettsberatung des Referentenentwurfs des „Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“, kurz Lieferkettengesetz, ein wichtiger nächster Schritt auf diesem Weg an. DGB und GEW wollen, dass dieses Gesetz wirkmächtig ist. Deshalb müssen wir dafür eintreten, dass es kein zahnloser Papiertiger wird, sondern gute Eingriffsmöglichkeiten erhält. Bei der Lobbyarbeit für das Lieferkettengesetz müssen wir Gewerkschaften im Interesse der Arbeitnehmer:innen und arbeitenden Kinder ein Gegengewicht zu den Unternehmen bilden, die das Lieferkettengesetz so schonend wie möglich für die Wirtschaft ausgestalten wollen.

Zum Hintergrund: 2015 hatten die Vereinten Nationen 17 Nachhaltigkeitsziele vereinbart, unter anderem die Bekämpfung von Armut und Hunger sowie mehr menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum. Die Ziele sollen bis 2030 erreicht werden.

Mit dem Nationalen Aktionsplan (NAP) Wirtschaft und Menschenrechte setzte die Bundesregierung zunächst auf die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen. Im Koalitionsvertrag von 2018 wurde jedoch verabredet, dass man national gesetzlich tätig und sich für eine EU-weite Regelung einsetzen werde, sollte sich herausstellen, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreicht. Inzwischen hat das Monitoring ergeben, dass nur 13 bis 17 Prozent der Unternehmen die Anforderungen erfüllen. Die Bundesregierung hat sich deshalb verpflichtet, im Rest ihrer Legislatur die Einhaltung der Menschenrechte gesetzlich zu regeln.

Streitpunkte, die unsere klare Positionierung brauchen, sind die Frage der Wertschöpfungskette und der Unternehmensgröße.

Laut Entwurf sollen Unternehmen dazu verpflichtet werden, bei ihren Geschäften im In- wie im Ausland menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfalt walten zu lassen. Die Sorgfaltspflichten umfassen Risikoanalysen mit Ermittlungspflicht. Abhilfemaßnahmen bei mittelbaren Zulieferern sind zu ergreifen, wenn das Unternehmen von der Verletzung Kenntnis erlangt hat oder die Information angemessen ermitteln kann. Beschwerdeverfahren können von Betroffenen und Personen, die Kenntnis von der Verletzung haben, eingeleitet werden.

Wer geltend macht, durch einen Verstoß gegen eine Sorgfaltspflicht verletzt zu sein, kann Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen die Ermächtigung zur Prozessführung erteilen. Eine behördliche Kontrolle ist vorgesehen. Als Sanktion ist ein Zwangsgeld bis zu 50.000 Euro vorgesehen, wenn Risikoanalysen, Präventionsmaßnahmen, Grundsatzerklärung oder Dokumentation fehlen. Der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren soll möglich werden.

Streitpunkte, die unsere klare Positionierung brauchen, sind die Frage der Wertschöpfungskette und der Unternehmensgröße. Laut Referentenentwurf beginnt die Lieferkette mit Gewinnung der Rohstoffe und endet mit der Lieferung an den Endkunden, sie umfasst das Handeln des Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich, unmittelbare Zulieferer, mittelbare Zulieferer, und Inanspruchnahme von Dienstleistungen. Unternehmerlobbyisten wollen allerdings nur die direkten Vertragspartner eingebunden wissen.

Nur eine Minderheit, die sich schon freiwillig im Sinne des NAP gegen Kinderarbeit engagiert, hat ein Interesse an der gesetzlichen Regelung.

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hatte vorgeschlagen, dass das Lieferkettengesetz für alle Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten gelten soll. Im Entwurf wurde diese Grenze auf 3.000 angehoben; erst 2024 soll sie auf 1.000 Beschäftigte gesenkt werden. Doch auch diese Grenze ist zu hoch. Nur eine Minderheit, die sich schon freiwillig im Sinne des NAP gegen Kinderarbeit engagiert, hat ein Interesse an der gesetzlichen Regelung. Machen wir uns für ein wirksames Lieferkettengesetz stark.