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Lehrerstreik in Tunesien

Ein nationaler Streik der Sekundarschullehrer hat am 22. und 23. Januar 2013 in weiten Teilen Tunesiens zum Unterrichtsausfall an Schulen geführt. Die Lehrer sind enttäuscht, dass ihre Lebensbedingungen sich seit der Revolution 2011 nicht verbessert haben

Fotos: SGES

Die Lehrergewerkschaft ‚Syndicat général de l’enseignement secondaire’ (SGES) fordert Arbeitszeitverkürzungen und die Einstellung zusätzlicher Lehrkräfte an den Schulen. Nach Angaben der SGES folgten in den wichtigen Städten des Landes über neunzig Prozent der Lehrkräfte dem Aufruf zum zweitägigen Streik. In der Hauptstadt Tunis demonstrierten am 22. Januar zahlreiche Lehrerinnen und Lehrern vor dem Sitz des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport, um die Forderungen ihrer Gewerkschaft zu unterstützen. „Es ist doch bekannt, dass das Unterrichten von Schülern ein anstrengender Beruf ist. Auch das Bildungsministerium hat dies anerkannt. Aber die Regierung hält ihre Zusagen nicht ein, die sie uns gegenüber gemacht hat“, kritisiert SGES Generalsekretär Lassaad Yakoubi die Haltung der tunesische Regierung.

Lehrpläne aus der Zeit der Diktatur
Die tunesischen Lehrkräfte sind nicht nur verärgert über die schlechten Arbeitsbedingungen, sondern auch darüber, dass sie immer noch nach den Lehrplänen des langjährigen Diktators Ben Ali unterrichten müssen, der vor zwei Jahren gestürzt wurde. In Tunesien nahm der arabische Frühling im Januar 2011 seinen Anfang. Der Volksaufstand gegen das Regime Ben Ali war das Fanal für die Revolutionen in Ägypten und anderen Ländern der arabischen Welt. Die Lehrergewerkschaft SGES und der tunesische Gewerkschaftsbund ‚Union Générale Tunisienne du Travail‘ (UGTT) hatten aktiven Anteil am Sturz der Diktatur und am Sieg der Revolution in Tunesien. Umso mehr empört es Lassaad Yakoubi, dass streikende Lehrer immer noch polizeilich bespitzelt und eingeschüchtert werden. „Wir protestieren dagegen, dass Mitglieder unserer Gewerkschaft von der Staatssicherheit überwacht werden. Wir haben Informationen, das die politische Polizei vom Direktor des Sport-Gymnasiums in El Menzah eine Liste der Namen aller streikenden Lehrerinnen und Lehrer gefordert hat.“

Gastland des Weltsozialforums 2013
Die UGTT und ihre Mitgliedsgewerkschaften sind eine bedeutende politische Kraft in Tunesien. Zwischen den Gewerkschaften und der Regierung, in der die islamistische Ennahda-Partei die Mehrheit stellt, gibt es immer wieder Spannungen. Tunesien ist auch Gastland des diesjährigen Weltsozialforums, das vom 26. – 30. März 2013 mit zahlreichen Veranstaltungen in der Hauptstadt Tunis stattfinden wird. Mehr als 2.000 Organisationen aus aller Welt , darunter viele Gewerkschaften, werden daran teilnehmen. Die GEW nimmt mit einer Delegation und mehreren Veranstaltungen zur Krise in Europa, zu Bildung statt Kinderarbeit und zur Solidarität mit den inhaftierten Lehrinnen und Lehrern der türkischen Bildungsgewerkschaft Egitim Sen teil und wird aktuell darüber berichten.