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Keine Verhandlungen über Entgeltordnung Sozial- und Erziehungsdienst

Mit dem Abschluss der Tarifrunde 2008 ist am 31. März vereinbart worden, für den Sozial- und Erziehungsdienst vorrangig eine neue Entgeltordnung zu verhandeln. Nach dem Übergang vom Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) im Jahr 2005 war vorgesehen, bis zum 30. September 2007 die BAT-Eingruppierungstarifverträge durch eine neue, alle Berufe und Branchen umfassende Entgeltordnung des TVöD zu ersetzen. Dies ist nicht gelungen. Die Erzieherinnen und Erzieher sind zu Recht sauer.

(Foto: GEW)

Seit dem 1. Oktober 2005 werden neu eingestellte Erzieherinnen im Gruppendienst von Kindertageseinrichtungen in Entgeltgruppe 6 des TVöD eingeordnet. Diese entspricht der alten BAT-Vergütungsgruppe VI b. Während es jedoch im BAT nach drei Jahren eine Höhergruppierung in BAT V c gab, bleibt die neu nach TVöD eingestellte Erzieherin in Entgeltgruppe 6 hängen. Einen Bewährungsaufstieg, der zu Höhergruppierungen oder Vergütungsgruppenzulagen führt, sieht das TVöD-System generell nicht mehr vor. Vergleicht man das Gehalt einer ledigen Erzieherin, die nach TVöD bezahlt wird, verdient diese in den ersten drei Jahren etwas mehr als nach BAT. Danach kann das TVöD-Gehalt nicht mehr mithalten. Es kommt zu einer Differenz von bis zu 350 Euro im Monat (siehe Grafik).

Enorme Verdiensteinbuße

Um diese enorme Verdiensteinbuße auszugleichen und der gestiegenen Bedeutung der Tätigkeit gerecht zu werden, fordert die GEW eine Anhebung der Eingruppierung der Erzieherinnen in die Entgeltgruppe 9. Diesen Beschluss fasste die GEW-Tarifkommission Sozial- und Erziehungsdienst am 15. September.

Der Beruf der Erzieherin hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark weiterentwickelt. Das Berufsbild stellt - vor allem durch die zunehmende, qualifizierte Bildungsarbeit mit den Kindern, verstärkte Elternatbeit und die engere Zusammenarbeit mit den Grundschulen - hohe Anforderungen. Diesen werden Erzieherinnen in hohem Maße gerecht. Sie haben auf der Grundlage der Kita-Bildungspläne der Länder neue Konzepte frühkindlicher Bildung, Erziehung und Betreuung entwickelt. Sie haben sich in Fortbildungen – meist auf eigene Kosten und in ihrer Freizeit - qualifiziert. Der Ausbildungsstandard entspricht dem Bachelor-Abschluss. So begründet sich auch die GEW-Forderung nach Eingruppierung der Erzieherinnen in die TVöD-Entgeltgruppe 9.

Beruf muss attraktiver werden

In Kindertagesstätten steuert Deutschland in den nächsten Jahren auf einen massiven Fachkräftemangel zu. Erste Anzeichen, vor allem in Großstädten und Regionen mit steigenden Geburtenzahlen, geben Anlass zu großer Sorge. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Schulabgänger aus der Sek I und II ab. Im Wettbewerb um Nachwuchs werden soziale Berufe nicht mithalten können, wenn die Arbeitsbedingungen nicht deutlich besser werden. Der Beruf der Erzieherin wird nur dann attraktiv, wenn die Bezahlung stimmt und es Aufstiegsmöglichkeiten gibt. Die seit Inkrafttreten des TVöD praktizierte Eingruppierung neuer Kolleginnen und Kollegen in Entgeltgruppe 6 schreckt ab. Auch Entgeltgruppe 8 – sie entspricht im BAT Vergütungsgruppe Vc nach dreijähriger Bewährungszeit – reicht nicht. Erst ab Entgeltgruppe 9 wird beim Nachwuchs das Signal ankommen: Erzieherin ist ein Beruf, den die Gesellschaft achtet und entsprechend entlohnt.


Gewerkschaften und Arbeitgeber haben am 8. Oktober den Fahrplan für die weiteren Verhandlungen im TVöD verabredet. Dabei ist es nicht gelungen, Termine für Gespräche über die neue Entgeltordnung zu vereinbaren. Die Gewerkschaften ver.di und GEW haben vorgeschlagen, im Dezember mit zwei Verhandlungsterminen zu beginnen. Die Arbeitgeber spielen jedoch auf Zeit. Sie wollen die Entgeltfrage mit der Tarifrunde 2010 verbinden: also die allgemeine Gehaltsrunde mit den zu erwartenden Verbesserungen der Eingruppierung verrechnen. Zudem kommen die Kommunen mit den neuen Erzieherinnen jetzt in die „Gewinnzone“. Diejenigen, die nach dem 1. Oktober 2005 eingestellt worden sind, werden, da sie in Entgeltgruppe 6 bleiben, im Vergleich zum BAT Jahr für Jahr billiger. Diesen Gewinn wollen die Kom-munen solange wie möglich einstreichen. Sie sehen keine Veranlassung, auf die Gewerkschaften zuzugehen.

Ohne Druck wird es also nicht gehen. Wenn die Arbeitgeber nicht freiwillig an den Verhandlungstisch kommen, müssen Gewerkschaften und Beschäftige sie dazu zwingen. Die GEW wird in den nächsten Wochen darüber beraten, ab wann sie die Mitglieder zu Aktionen und Warnstreiks aufruft. Die Blockade der Arbeitgeber ist nicht hinnehmbar.