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Schulöffnungen in globaler Perspektive

Keine Schnellschüsse

Bildungsgewerkschaften weltweit fordern, bei der Öffnung von Schulen und Bildungseinrichtungen die Mindeststandards einzuhalten. Das zeigte ein Onlineseminar der Bildungsinternationale am 5. Mai 2020.

Foto: pixabay, CC0

Weltweit wächst der Druck auf die Schulen, wieder zu öffnen. Die Gewerkschaften warnen, Öffnungen im Hauruck-Verfahren durchzuführen. Die Bildungsinternationale fordert stattdessen in einer Resolution klare Konzepte. Doch in vielen Ländern hapert es noch gravierend bei der Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen in der Corona-Krise. Das zeigen folgende Berichte während des Webinars: 

Australien: Unterrichten in nur einem Modus

In Australien steigt angesichts von einer Million Arbeitsloser der Druck auf die Schulen wieder zu öffnen. Dabei fehle es an klaren Konzepten, berichtete Susan Hopgood, die Präsidentin der Bildungsinternationale. Die Schulen sind nicht ausreichend vorbereitet, Desinfektionsmittel fehlen. Lehrkräfte versuchten nun, diese selbst zu kaufen.

Sorge bereitet den Bildungsgewerkschaften zudem, dass Notfallpläne fehlen, falls es an Schulen zu Infektionen mit dem Corona-Virus kommt. Doppelstandards bei den Vorgaben seien nicht nachvollziehbar: „Während der Unterricht in üblicher Klassenstärke stattfinden soll, müssen Lehrkräfte auf den Spielplätzen im Pausenhof auf die Einhaltung des Mindestabstands achten. Öffentliche Spielplätze wiederum bleiben ganz geschlossen“, erläuterte Hopgood.

Die Bildungsgewerkschaften fordern insbesondere, dass Risikogruppen vom Schulbesuch ausgenommen werden und dass Lehrkräfte angesichts der bereits bestehenden Belastungen in nur einem Modus unterrichten – entweder an der Schule oder online.

UK: Mindeststandards und Mitgliedergewinnung

In Europa hat Großbritannien in der Corona-Pandemie die höchste Todesrate zu verzeichnen. Deshalb fordert die größte Bildungsgewerkschaft National Education Union (NEU), dass bei den Schulöffnungen Sicherheit vor Schnelligkeit geht.

Die NEU hat dazu einen 5-Punkte-Plan vorgelegt. Bildungseinrichtungen sollen erst dann wieder öffnen, wenn die Zahl der Infizierten zurück geht, ein nationaler Plan zur Einhaltung des Mindestabstands und ausreichend Testkapazitäten an Schulen zur Verfügung stehen. Zudem müssten Maßnahmen zum Umgang mit Infektionen und zum Schutz von Risikogruppe getroffen werden.

Auf ihre Anfrage an die Regierung zur Risikoeinschätzung habe sie bisher keine Antwort erhalten, erläuterte Mary Bousted, Generalsekretärin der NEU. Die Gewerkschaft sucht in der Krise verstärkt den Kontakt zur Basis und gewinnt neue Mitglieder. „Wir haben unsere Arbeitsweise völlig umgestellt“, berichtet Mary Bousted. Die NEU bietet jetzt regelmäßig “Townhall Call Meetings” an. Das sind große Telefonkonferenzen, mit denen die Gewerkschaft die Mitglieder informiert. Ein voller Erfolg: An den Austauschen nehmen regelmäßig Tausende Mitglieder teil. In den Schulen konnten so neue Vertrauensleute für die Gewerkschaft gewonnen werden, die sich für die Einhaltung von Mindeststandards und die Rechte der Beschäftigten während der Corona-Krise einsetzen.

Südafrika: Verhandlungen mit der Regierung

Die Schulen in Südafrika sollen ab dem 1. Juni wieder öffnen. Die South African Democratic Teachers Union (SADTU) setzt auf Gespräche mit der Regierung. Für die Gewerkschaft ist essentiell, dass die Klassengrößen reduziert werden und Lehrkräfte, die zur Risikogruppe gehören, nicht in die Schulen kommen müssen. Für die Schulkinder ist ein sicherer Transport zur Schule besonders wichtig. In den Schulen fehlt es vielfach an Wasser und Sanitäranlagen, besonders in ländlichen Gegenden. In der Krise müsse mindestens eine Notversorgung sichergestellt werden. „Lehrkräfte haben bereits angekündigt, andernfalls nicht in die Schulen zurückzukehren“, so Mugwena Maluleke von SADTU. Die Regierung zeigt sich verantwortlich und hat eingewilligt, mehr Lehrkräfte und weiteres Personal einzustellen, um die Klassengrößen zu reduzieren und die hygienischen Bedingungen an den Schulen zu verbessern.

Dänemark: Kreative Lösungen

Dänemark hatte sehr früh mit Schulschließungen und strikten Maßnahmen auf das Corona-Virus reagiert. Inzwischen ist die Hälfte der dänischen Schulen bereits wieder geöffnet. Begonnen wurde ab Mitte April zunächst mit Kindertagesstätten und Grundschulklassen. Bislang ist kein Anstieg der Infektionszahlen zu verzeichnen. Dorte Lange von der dänischen Bildungsgewerkschaft DLF zeigt sich zuversichtlich: „In Dänemark gibt es großes Vertrauen in die staatlichen Gesundheitsbehörden.“

Hinzu komme, dass die Bildungsgewerkschaft Einfluss hat und mit entscheidet, weil sie mehr als 90 Prozent der Lehrkräfte an den Schulen vertritt. In einem gemeinsamen Brief mit Arbeitgebern hat die DLF Unterstützung bei der Suche nach lokalen Lösungen angeboten. “In der Krise haben wir zwar gelernt, dass Lehrkräfte sehr kreativ mit Herausforderungen umgehen”, so Lange. Dies dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass digitales Lernen in Zeiten der Corona-Pandemie nicht mehr als „Unterricht im Notfallmodus“ sein könne.