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Kein Freihandel ohne Menschenrechte

Die Hälfte der weltweiten Morde an Gewerkschaftern findet in Kolumbien statt. Die EU hat dennoch mit dem Andenland ein Freihandelsabkommen vereinbart, das auch Sozial- und Umweltstandards enthält. Die Juristin Reingard Zimmer hält diese jedoch für unzureichend.

Kolumbien hält einen traurigen Rekord: Seit Jahren steht das Land an der Spitze der weltweiten Morde an Gewerkschaftern. Mehr als 2.700 gewerkschaftlich aktive Männer und Frauen wurden in den vergangen zwei Jahrzehnten umgebracht. Besonders betroffen sind die Mitglieder der Lehrergewerkschaft FECODE, der größten Gewerkschaft in Kolumbien. Die Mörder sind meist Mitglieder staatlicher Sicherheitskräfte oder paramilitärischer Organisationen. Mehr als neunzig Prozent dieser Verbrechen bleiben straflos. Aus diesem Grunde hat der DGB-Kongress 2010 beschlossen, das im gleichen Jahr zwischen der EU und den Ländern der Andengemeinschaft Kolumbien und Peru vereinbarte Freihandelsabkommen abzulehnen, solange die Lage der Menschen- und Gewerkschaftsrechte in Kolumbien sich nicht entscheidend verbessert . Damit das Abkommen in Kraft treten kann, muss eine Mehrheit der Abgeordneten im Europäischen Parlament ihm zustimmen. Eine Abstimmung darüber wird Ende diesen Jahres erwartet.

Befürworter verweisen gerne darauf, das im Nachhaltigkeitskapitel des Abkommens auch Sozial- und Umweltstandards festgelegt sind, die zu einer Verbesserung der Situation in Kolumbien beitragen werden. In einem Gutachten des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung hat die Juristin Dr. Reingard Zimmer das Nachhaltigkeitskapitel des Freihandelsabkommen mit Kolumbien verglichen mit dem eines ähnlichen Abkommens, das die EU bereits mit Südkorea abgeschlossen hat. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Freihandelsabkommen mit Kolumbien und Peru an vielen Stellen deutlich hinter dem Abkommen mit Südkorea zurück bleibt. Ihre Schlussfolgerung bestärkt die ablehnende Haltung der Gewerkschaften: „Ohne deutliche Nachbesserungen hat das Nachhaltigkeitskapitel lediglich den Charakter eines unverbindlichen Appells, da es nicht nur unvollständig, sondern vor allem unverbindlich ist.“