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Projekte gegen Kinderarbeit

„Jetzt kennen wir moderne Methoden“

Die Sozialwissenschaftlerin Nora Wintour ist durch fünf Länder gereist und hat recherchiert, wie Projekte gegen Kinderarbeit auch die Weiterentwicklung der Lehrkräfte und das gewerkschaftliche Engagement fördern können.

Die GEW-Stiftung Fair Childhood fördert gewerkschaftliche Projekte gegen Kinderarbeit (Foto Samuel Grumiau)

Gewerkschaftliche Projekte gegen Kinderarbeit verschaffen Mädchen und Jungen nicht nur Zugang zu Bildung, sondern können auch das politische Engagement der Akteure vor Ort stärken. Das geht aus einer Analyse der Sozialwissenschaftlerin und Beraterin der Bildungsinternationale (BI), Nora Wintour, hervor, die von August 2018 bis April 2019 Schulen und Gemeinden in Uganda, Simbabwe, Mali, Marokko und Albanien besuchte, Interviews führte und Dokumente auswertete. Daten aus Nicaragua wurden per Whatsapp-Chats zusammengetragen.

Wirksamkeit regionaler Projekte

Die Studie mit dem Titel „Identification of Transnational Best Practices and Union Impacts(Ermittlung von nationenübergreifenden vorbildlichen Verfahren und Einfluss der Gewerkschaften) ist nicht repräsentativ, vermittelt aber dennoch Einblick in die Wirksamkeit regionaler Projekte, welche die Bildungsinternationale mit finanzieller Unterstützung der GEW-Stiftung Fair Childhood und der niederländischen Bildungsgewerkschaft AOb fördert. In Wintours Befragungen mit Projektbeteiligten ging es unter anderem darum, wie sich die Projekte gegen Kinderarbeit auf das berufliche Leben und die Weiterentwicklung der Lehrkräfte auswirkten, und ob auch die Gewerkschaften davon profitierten.

Dem Forschungsbericht zufolge wurden in mehr als zehn Ländern auf drei Kontinenten kinderarbeitsfreie Zonen geschaffen. In allen Projektländern gibt es zudem Programme zur Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer. Zu den Einschätzungen der beteiligten Akteurinnen und Akteure, die Wintour sammelte, gehörten Aussagen wie: Die Kinder gingen gern zur Schule, die Abbruchquoten verringerten sich, Selbstbewusstsein und Motivation der Lehrkräfte nähmen zu, und ihr Ansehen als pädagogische Fachkräfte steige. 

„Für mich hat sich eine Menge geändert, denn jetzt ist es den Dorfbewohnern klar geworden, dass Lehrkräfte auch Arbeiter mit Rechten sind.“ (Lehrkraft in Mali)

Eine Gemeindelehrkraft in Yerefounela in Mali etwa gab zu Protokoll: „Für mich hat sich eine Menge geändert, denn jetzt ist es den Dorfbewohnern klar geworden, dass Lehrkräfte auch Arbeiter mit Rechten sind.“ Der Koordinator eines Kinderarbeitsprojekts an einer Schule im marokkanischen Fés berichtete: „Jetzt kennen wir moderne Methoden. Weil nicht alle in der Klasse auf dem gleichen Niveau sind, arbeiten wir differenziert. Wir führen Gruppenarbeit durch. Vor der Weiterbildung haben wir Gruppenarbeit nicht genutzt; wir haben das gemacht, was wir in den Ausbildungszentren in den 80er und 90er Jahren gelernt haben.“

Gewerkschaften gewinnen Mitglieder

Weitere Ergebnisse der Umfragen Wintours: Funktionärinnen und Funktionäre sowie Mitglieder der Bildungsgewerkschaften beteiligten sich intensiv an den Prozessen zur Schulentwicklung und pädagogischen Weiterbildung. Dadurch hätten die Gewerkschaften auch neue Mitglieder gewonnen sowie ihre gesellschaftliche Akzeptanz und damit ihre Durchsetzungsfähigkeit in tariflichen und politischen Auseinandersetzungen gestärkt. In Nicaragua lag der Mitgliederzuwachs von Bildungsgewerkschaften, die an Kinderarbeitsprojekten teilgenommen haben, bei 47 Prozent, in Albanien bei 41,5 Prozent, in Marokko bei 30 Prozent und in Uganda bei 23 Prozent.