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Studie „Leadership in German Schools“

Jede fünfte Schulleitung will ihre Schule verlassen

20 Prozent aller Schulleiterinnen und Schulleiter denken laut Studie darüber nach, den Arbeitsplatz zu wechseln. Die GEW fordert daher bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere Entlohnung und mehr Unterstützung.

Foto: Pixabay / CC0

Jede fünfte Schulleitung in Deutschland würde gerne den Arbeitsplatz wechseln. Dies zeigt die für Deutschland repräsentative Studie „Leadership in German Schools“, für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten Tübingen, Lüneburg und der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz 405 Schulleitungen an allgemeinbildenden Schulen befragten.

Vor allem an Haupt- und Realschulen (24 Prozent) sowie an Grundschulen (23 Prozent) ist die Wechselbereitschaft hoch. Als Gründe gaben die Befragten einen Wunsch nach beruflicher Weiterentwicklung an (52 Prozent), aber häufig auch die als unangemessen erachtete Bezahlung (44 Prozent) oder fehlende Unterstützung (31 Prozent).

„Die hohe Belastung und Verantwortung steht in keinem Verhältnis zur Bezahlung, zu den Arbeitsbedingungen und der mangelhaften Unterstützung der Arbeit.“ (Ilka Hoffmann)

GEW-Schulexpertin Ilka Hoffmann sagt: „Schulleitungen sitzen zwischen allen Stühlen. Sie müssen die Vorgaben der Behörden umsetzen, die nicht immer mit den pädagogischen Konzepten der Schule kompatibel sind, und sie müssen Eltern, Lernende und das Kollegium bei der Schulentwicklung mitnehmen sowie zahlreiche administrative Aufgaben erfüllen. Die hohe Belastung und Verantwortung steht in keinem Verhältnis zur Bezahlung, zu den Arbeitsbedingungen und der mangelhaften Unterstützung der Arbeit. Deshalb ist das nur bedingt ein attraktiver Job. Schulleitungen brauchen dringend bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere Entlohnung und mehr Unterstützung.“

Die Relevanz von Schulleitung für die Schulentwicklung sowie für die Leistungen von Schülerinnen und Schülern wird laut der Studie „Leadership in German Schools“ inzwischen international wie national konstatiert. Zwar liegen in Deutschland vereinzelt empirische Studien zum Schulleitungshandeln vor, jedoch fehlen bislang umfassende Befunde zu ihren Karrieren. So sind Fragen dazu, was das Amt der Schulleitung für Lehrpersonen attraktiv macht, warum Schulleitungen diese Position ergreifen und welche Gründe gegen einen Verbleib im Amt sprechen, im deutschsprachigen Raum unzureichend erforscht. Dies ist vor dem Hintergrund eines zunehmenden Mangels an qualifizierten Bewerbungen für das Amt und angesichts recht häufiger Schulleitungswechsel von besonderer Brisanz. Das Forschungsprojekt wirft daher die Frage auf, was das Amt der Schulleitung (un)attraktiv macht, und welche Karrieremotive und Arbeitsplatzwechselabsichten Schulleitungen haben.

Kaum Zeit für neue Ideen

„Die Gründe für die Berufswahl und die Arbeitsrealität von Schulleitungen klaffen weit auseinander“, sagte Professionsforscher Colin Cramer. Mit 93 Prozent hätten nahezu alle Schulleitungen als Motivation angegeben, geglaubt zu haben, das Amt biete ihnen die Möglichkeit, neue Ideen zu entwickeln und zu erproben. In der Praxis verbrächten sie jedoch die meiste Zeit damit, einen reibungslosen Alltag an Schulen sicherzustellen, sagten 67 Prozent der Befragten. Nur 16 Prozent bestätigten, Zeit für neue Ideen und deren Umsetzung zu haben.

Mehr als die Hälfte leidet an Überbelastung

Obwohl laut Studie 95 Prozent der Schulleitungen Freude an ihrer Arbeit haben und 88 Prozent sie als inspirierend erleben, gibt mehr als die Hälfte (53 Prozent) an, unter Stress und Überlastung zu leiden. Rund jede vierte Schulleitung (24 Prozent) empfindet ein Missverhältnis von beruflicher Verausgabung einerseits und beruflicher Entlohnung andererseits. Bei etwa jeder sechsten Schulleitung (16 Prozent) fand das Forschungsteam Hinweise auf einen Burnout. Deutschlandweit sind derzeit etwa 1.000 Schulleitungen unbesetzt.

Hohes Pensum schreckt ab

Die „E&W“ widmete sich in der Märzausgabe 2020 dem Thema Schulen ohne Leitung. Die niedersächsische GEW-Vorsitzende Laura Pooth sieht eine Reduzierung der Belastungen als zentralen Punkt an: „Gerade die Schulleitungen an Grundschulen haben sehr hohe Unterrichtsverpflichtungen und zugleich sehr viele Verwaltungsaufgaben – dieses Pensum schreckt viele ab.“

„Die pädagogische Arbeit bleibt auf der Strecke.“ (Laura Pooth)

An den allgemeinbildenden Schulen in Niedersachsen seien derzeit etwa 180 Leitungsstellen nicht besetzt. Manche Grundschulen im dünn besiedelten Emsland schrieben schon mehr als 20 Mal erfolglos eine Leitungsstelle aus. „Die Folge ist eine Überlastung der Kollegien, auf die die Arbeit abgewälzt wird“, sagt Pooth. Auch die Schülerinnen und Schüler leiden unter dem Mangel. „Es ist niemand mehr da, der sich um die Weiterentwicklung der Schulen kümmern kann. Die pädagogische Arbeit bleibt auf der Strecke.“