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DGB-Podcast Gegenblende

Gewalt gegen Beschäftigte nimmt zu

2019 hat die Zahl von Angriffen auf Polizistinnen und Polizisten einen Negativrekord erreicht, Übergriffe auf Beschäftigte der Bahn haben sich in wenigen Jahren fast verdreifacht. Auch Lehrkräfte seien betroffen, sagt GEW-Schulexpertin Ilka Hoffmann.

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften beobachten die steigende Respektlosigkeit und Übergriffe seit Jahren mit wachsender Besorgnis. (Foto: Pixabay / CC0)

Viele Beschäftigte fühlen sich im Berufsalltag nicht mehr sicher. Dazu gehören neben Polizeibeamtinnen und -beamten auch Rettungskräfte, Feuerwehrleute oder Beschäftigte der Ordnungsämter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von öffentlichen Verkehrsbetrieben und Entsorgungsunternehmen, Beschäftigte in Jobcentern, Bürgerämtern, Bädern, bei den Gerichten und in Justizvollzugsanstalten – und auch Lehrkräfte. Sie alle werden zunehmend angepöbelt, attackiert, bedroht und beleidigt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften beobachten die Respektlosigkeit und Übergriffe seit Jahren mit wachsender Besorgnis. Daraus entstand auch die Initiative „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“, die das Thema in die Öffentlichkeit und die Politik tragen will. Jüngst thematisierte zudem der DGB-Podcast „Gegenblende“ die Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Sektor und ließ Betroffene und Fachleute zu Wort kommen – darunter GEW-Vorstandsmitglied und Schulexpertin Ilka Hoffmann.

„Ich kenne Fälle, wo Kolleginnen und Kollegen dienstunfähig wurden.“ (Ilka Hoffmann)

Auch bei Lehrkräften hätten Anfeindungen zugenommen, betonte Hoffmann und verwies auf eine Umfrage des Verbandes Bildung und Erziehung, in der rund ein Drittel der Lehrerinnen und Lehrer und Schulleitungen angegeben hätten, mit Gewalt konfrontiert zu werden. „Das ist ein sehr erschreckender Wert.“ Früher sei ein Dorflehrer eine Respektsperson gewesen, heute hätten Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern diesen Respekt nicht mehr.  

Zwar gebe es auch physische Gewalt, diese sei jedoch seltener, sagte Hoffmann. Die meisten Lehrkräfte hätten Probleme mit psychischer Gewalt wie Cybermobbing, also gehässigen Kommentaren im Internet oder Spott und Häme in Chatgruppen. „Ich kenne Fälle, wo Kolleginnen und Kollegen dienstunfähig wurden.“

Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen

Ein Grund für die zunehmende Respektlosigkeit sei im Gesamtklima der Gesellschaft zu finden: „Wir haben insgesamt einen raueren Ton in der Gesellschaft.“ In sozialen Netzwerken werde nicht mehr diskutiert und argumentiert, sondern jeder, der eine andere Meinung habe, werde wüst beschimpft. „Kinder und Jugendliche nehmen das wahr“, betonte sie. Bestimmte Umgangsformen würden so salonfähig.

Wichtig ist Hoffmann derweil, hier nicht pauschal von einer Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger, sondern von Einzelfällen zu sprechen. Viele Menschen fühlten sich ausgegrenzt und nicht mehr verstanden. Durch das Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen gerieten auch Lehrkräfte in den Fokus. Teil des Problems seien auch Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst und konkret im Bildungsbereich. Unter dem akuten Fachkräftemangel leide die Qualität der Bildung.