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Geschäftsleitung will drastische Arbeitszeitverlängerung für Verwaltungspersonal und Lehrkräfte

In schwieriger, konfliktbeladener Atmosphäre wurden die Tarifverhandlungen mit dem Goethe-Institut zur Übernahme des Tarifergebnisses aus dem öffentlichen Dienst fortgesetzt.

Für den Bund waren ab 1. Januar 2008 eine Einkommenserhöhung von 50 Euro monatlich plus 3,1 Prozent vereinbart worden. Im Durchschnitt also eine Erhöhung von 5,1 Prozent. Ab 1. Januar 2009 erfolgt eine weitere Erhöhung um 2,8 Prozent plus eine Einmalzahlung von 225 Euro – diese Erhöhung steht für die Geschäftsleitung noch zur Disposition. Im Gegenzug soll nämlich die Lohnerhöhung mit einer drastischen Arbeitszeitverschlechterung an den Goethe-Instituten in Deutschland „bezahlt“ werden. Nicht nur die Lehrkräfte sollen mehr Unterricht leisten und freie Tage verlieren, sondern auch die Verwaltungsmitarbeiter des Goethe-Instituts sollen auf zwei freie Tage, die bislang als Ausgleich für die Mehrbelastung bei Kurswechseln gewährt wurden, verzichten. Die GEW hat dieses Ansinnen deutlich zurückgewiesen und klargemacht, dass ohne Vorbedingung der Tarifabschluss übernommen werden muss. Statt einer zusätzlichen Belastung für Verwaltung und Lehrkräfte müsse eine deutliche Entlastung erreicht werden. Sonst könne, so Ilse Schaad, die Verhandlungsführerin der GEW, der hohe Qualitätsstandard des Goethe-Instituts bei den Deutschkursen nicht gehalten werden. Während der Verhandlungen fanden in Frankfurt vor dem GEW-Gewerkschaftshaus, in Berlin und in München Protestkundgebungen der Betroffenen statt, die deutlich gemacht haben, dass eine Arbeitszeitverlängerung nicht akzeptabel sei.

Was will die GEW regeln?

Die GEW als Hausgewerkschaft des Goethe-Instituts kümmert sich um zwei Tarifbereiche:

Den aus Bundesmitteln finanzierten Bereich (Großteil der Zentrale und die Goethe-Institute im Ausland) sowie den aus eigenen Vereinsmitteln finanzierten Bereich, zu dem auch einige Arbeitsplätze in der Zentrale gehören, aber im Wesentlichen aus der Steuerungseinheit der Region D und den Goethe-Instituten in Deutschland besteht.

Ein zentrales Ziel der GEW in den Tarifverhandlungen ist, alle Beschäftigten – egal ob Eigenmittel- oder Öffentlicher-Mittel-Bereich – gleich zu behandeln. Für die Goethe-Beschäftigten hat dieser Personalverbund eine große Bedeutung. Dadurch bleiben die Arbeitsbedingungen beim Wechsel von einem in den anderen Bereich gleich. Eine Übernahme des Tarifergebnisses aus dem öffentlichen Dienst, das für den aus Bundesmitteln finanzierten Bereich des Goethe-Instituts schon längst gilt, ist deshalb für die GEW unverzichtbar. Diese Tariferhöhungen mit Arbeitszeitverlängerungen zu bezahlen, kann nur abgelehnt werden. Die Arbeitszeit im Bund wurde 2005 auf 39 Stunden erhöht. Dies wurde im Goethe-Institut ebenfalls übernommen. In der Tarifrunde 2008 konnte der Bund seinen Wunsch nach einer weiteren Arbeitszeiterhöhung gegen massive Streiks der Beschäftigten nicht durchsetzen. Dass im Goethe-Institut nun ein höchst umstrittenes Kampffeld – die Arbeitszeit – erneut und gegen den allgemeinen Trend – vom Arbeitgeber erneut eröffnet wird – ist völlig unverständlich. Die GEW hat den durch allgemeine tarifliche Regelungen im öffentlichen Dienst vorgegebenen Arbeitszeitrahmen für die Lehrkräfte an den Goethe-Instituten in Deutschland tariflich ausgestaltet. Durch Tarifvertrag ist der Anteil des Unterrichts, sein Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit und die im Zusammenhang mit Unterricht zu erbringende Leistung definiert.
Hier soll alles nach oben geschraubt werden. Als Begründung lieferte die Arbeitgeberseite die aberwitzige Begründung, die Arbeitsabläufe hätten sich in Unterricht und Verwaltung geändert. Früher hätte es überwiegend Acht-Wochen-Kurse gegeben, heute dagegen Vier- und Zwei-Wochen-Kurse.

Der Schlussfolgerung des Arbeitgebers, deshalb sei eine Erhöhung der Arbeitszeit in Verwaltung und Unterricht geboten, hat die Tarifkommission energisch widersprochen.

Das Gegenteil ist der Fall!

Durch den häufigeren Wechsel werden die Beschäftigten ohnehin schon doppelt und dreifach belastet, so dass eher eine Entlastung an der Tagesordnung sein müsste.

Was will der Arbeitgeber durchsetzen?

  • Für die Beschäftigten in der Verwaltung, die durch den heute häufigeren Kurswechsel stärker belastet sind, sollen die beiden tariflich abgesicherten freien Tage entfallen.
  • Die Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte soll von 24 auf 26 Unterrichtsstunden mit einer „Bandbreite“ bis zu 30 Stunden pro Woche für die Dauer von sechs Wochen angehoben werden. Die freien Tage sollen wegfallen, ebenso die 30-Minuten-Anrechnung für sonstige Tätigkeiten. Im Gegenzug soll der Katalog außerunterrichtlicher Tätigkeiten auch noch ausgeweitet werden.

Dabei spielt der Arbeitgeber ein gefährliches Spiel: Er setzt darauf, durch unterschiedliche Behandlung der Beschäftigten in Verwaltung und Unterricht eine Entsolidarisierung und damit ein Gegeneinander zu erzeugen.
Das machen die Beschäftigten nicht mit!

Qualitätsverlust wird die Folge sein

An zahllosen Beispielen haben die Mitglieder der GEW-Tarifkommission deutlich gemacht, dass eine derartige Ausweitung der Unterrichtstätigkeit zu einem eklatanten Qualitätsverlust führen würde. Gerade im Vergleich zu anderen Sprachlehrinstituten wird die intensive und gute Vorbereitung des Unterrichts mit hohen individuellen Anteilen besonders gut bewertet. Es wurde auch an vielen Beispielen erläutert, wie sehr die Ansprüche der Kursteilnehmer gestiegen sind. Die Ausweitung der Lehrertätigkeit bedeutet eine Arbeitszeitverlängerung für Lehrkräfte um ca. 16,6 Prozent. Damit würde die Tariferhöhung für alle Beschäftigten durch Arbeitszeitverlängerung sogar überkompensiert. Ein „Geschäft“ für die Arbeitgeberseite – aber ein Geschäft auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten und zu Lasten der Qualität.
Problematisiert hat die GEW aber auch die zu erwartenden Auswirkungen auf andere Beschäftigte. Auch die Honorarkräfte und Dozenten müssen sich auf Verschlechterungen einstellen. Durch die Arbeitszeitverlängerung steht z. B. für die Honorarlehrkräfte künftig weniger Unterricht zur Verfügung.

GEW-Tarifkommission gegen Arbeitszeitverlängerung

Die GEW ruft nun alle Beschäftigten auf, in Betriebsversammlungen das Arbeitgeberangebot zu diskutieren. Dazu können die Mitglieder der Tarifkommission eingeladen werden, damit authentisch aus den Verhandlungen berichtet werden kann. Die Mitglieder der Tarifkommission sind:

Name:Goethe-Institut:
Alflen, BruniDüsseldorf
Beumler, ChristineBerlin
Bonz, GiselaFrankfurt
Haase, KlausMünchen-Sonnenstraße
Hasenfuss, GünterSchwäbisch Hall
Heilmann-Stefano, MonikaFrankfurt
Jacobs, SilkeDüsseldorf
Krehky, HartmutGöttingen
Neuhaus, GünterBerlin/Ankara
Simon-Pelanda, HansPrag

 

Wie geht es weiter?

Am 12. Dezember werden die Verhandlungen fortgesetzt.

Nach Einschätzung der Tarifkommissionsmitglieder gibt es eine große Bereitschaft, für eine Übernahme des Tarifergebnisses ohne Wenn und Aber einzutreten. Ilse Schaad als Verhandlungsführerin der GEW machte deutlich, dass bei zukünftigen Tarifverhandlungen mehr als Kundgebungen in der Mittagspause stattfinden müsse. Dazu gehört aber auch, dass nun die GEW-Mitglieder auf ihre nicht organisierten Kolleginnen und Kollegen zugehen und sie auf eine Mitgliedschaft in der GEW ansprechen. Nur durch Einigkeit und Mitgliederstärke können die Pläne der Arbeitgeberseite vereitelt werden.