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Gleichstellung

Gericht kippt paritätische Verteilung der Listenplätze

Der Verfassungsgerichtshof in Weimar hat eine Paritätsregelung im Landeswahlgesetz gekippt. Demnach müssen Parteien in Thüringen ihre Kandidatenlisten nicht gleichmäßig mit Frauen und Männern besetzen.

Der Weimarer Verfassungsgerichtshof hat das vom Thüringer Landtag beschlossene Paritätsgesetz gekippt. (Foto: Pixabay/CC0)

Der Weimarer Landesverfassungsgerichtshof hat das Thüringer Paritätsgesetz zurückgewiesen und damit einer Klage der AfD stattgegeben. Die Mehrheit von sechs Stimmen des aus neun Mitgliedern bestehenden Gremiums – acht Richter und eine Richterin – sah in der Verpflichtung der politischen Parteien zur paritätischen Listenaufstellung eine Beeinträchtigung des Rechts auf Freiheit und Gleichheit der Wahl sowie das Recht auf Betätigungsfreiheit, Programmfreiheit und Chancengleichheit der Parteien verletzt. Das bedeutet: Parteien müssen in Thüringen ihre Kandidatenlisten nicht abwechselnd mit Männern und Frauen besetzen.

„Deshalb muss jetzt das Bundesverfassungsgericht klären, ob Paritätsgesetze ein legitimes Mittel sind, dieses Gleichberechtigungsgebot zu erfüllen.“ (Elke Ferner)

Kritik kam von Frauenverbänden und der GEW. Elke Ferner, Mitglied im Vorstand des Deutschen Frauenrats, kommentierte: „Das Urteil ist ein herber Rückschlag für die Gleichstellung in Thüringen und darüber hinaus.“ Wählerinnen und Wähler könnten das Geschlechterverhältnis im Parlament nicht beeinflussen, wenn auf Wahllisten hauptsächlich Männer stünden. Das Grundgesetz verpflichte den Staat in Artikel drei jedoch dazu, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern durchzusetzen. „Deshalb muss jetzt das Bundesverfassungsgericht klären, ob Paritätsgesetze ein legitimes Mittel sind, dieses Gleichberechtigungsgebot zu erfüllen“, forderte Ferner. 

„Das Urteil des Thüringer Landesverfassungsgerichts hat Signalwirkung für weitere Debatten über Parité.“ (Frauke Gützkow)

Auch die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds, Maria Wersig, sagte, die verfassungsrechtliche Debatte sei nicht beendet. Politisch bleibe der Handlungsbedarf für die gleiche Teilhabe von Frauen in Parlamenten und politischen Ämtern unverändert bestehen. Die GEW-Frauenpolitikexpertin Frauke Gützkow betonte: „Das Urteil des Thüringer Landesverfassungsgerichts hat Signalwirkung für weitere Debatten über Parité. Wenn deutlich mehr Männer als Frauen in den Parlamenten sind, bedeutet das doch, dass sie von den derzeitigen Regeln bevorzugt werden.“

Im Bundestag, in allen Landesparlamenten, in Kreis- und Gemeinderäten liegt der Frauenanteil deutlich unter dem an der Gesamtbevölkerung, Tendenz fallend. Thüringen und Brandenburg brachten deshalb im vergangenen Jahr Paritätsgesetze auf den Weg. Im vergangenen Jahr wurde auch der Aufruf #mehrfrauenindieparlamente gestartet, der für Parität in Parlamenten und Politik wirbt.