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Bürgerrat Bildung und Lernen

Gekommen, um zu bleiben

Im Herbst 2020 startete die Montag Stiftung Denkwerkstatt den Bürgerrat Bildung und Lernen. E&W sprach mit dem Initiator des Bürgerrats und Vorstand der Montag Stiftung Denkwerkstatt, Karl-Heinz Imhäuser.

Der neue Bürgerrat will Menschen zusammenbringen, um gemeinsam über Bildung nachzudenken. (Foto: Alexander Paul Englert)
  • E&W: Herr Imhäuser, welche Ziele verfolgt der Bürgerrat Bildung und Lernen?

Karl-Heinz Imhäuser: Wenn man die Debatten in der Bildungspolitik verfolgt, fällt auf, dass diese von drei Akteuren dominiert werden: von den Kommunen, den Ländern und dem Bund. Wir alle kennen die Rituale, die seit vielen Jahrzehnten bildungspolitische Debatten hierzulande prägen: Der Bund möchte mehr als er darf, die Länder wollen – partei-übergreifend – den Bund aus den bildungspolitischen Entscheidungen raushalten, und die Kommunen müssen die Misere am Ende ausbaden. Auch deshalb sind in der Vergangenheit Reformvorhaben immer wieder gescheitert bzw. erst nach zähen Verhandlungen und vielen Kompromissen oft halbherzig umgesetzt worden. Die Idee, einen Bürgerrat für Bildung zu etablieren, der Bürgerinnen und Bürger als neue Akteure ins Spiel bringt, entstand 2017 bei einem Treffen in Nordrhein-Westfalen mit Vertreterinnen und Vertretern von Landesministerien und Stiftungen. Das Ziel war von Anfang an klar: Wir wollten Öffentlichkeit möglichst so organisieren, dass die Empfehlungen, die in solch einem Gremium erarbeitet werden, politisch auch wirksam werden.

  • E&W: Die Vorschläge haben allerdings lediglich empfehlenden Charakter. Letztlich entscheiden die Landes- und Bundespolitik über die grundlegenden Fragen.

Imhäuser: Auch Expertengremien aus Wissenschaft und Verbänden haben letztlich nur begrenzten Einfluss auf die Politik. Der Bürgerrat wird auch nicht nur einmal zusammenkommen und dann wieder verschwinden. Wir werden in den nächsten Jahren regelmäßig bei der Politik nachhaken. Der Bürgerrat ist gekommen, um zu bleiben!

  • E&W: Mitte September hat sich der Bürgerrat getroffen und über den abschließenden Forderungskatalog an die Politik entschieden. Inwieweit haben sich die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie – Stichworte: Digitalisierung, Distanzlernen – auf die Diskussionsbeiträge und Forderungen ausgewirkt?

Imhäuser: Corona hat alle Probleme sichtbar gemacht oder verstärkt, die wir auch vorher schon hatten. Digitales Lernen wäre sicher auch ohne die Pandemie in den Beratungen des Bürgerrats eines der dringendsten Themen gewesen. Was sich allerdings gezeigt hat: Alle thematischen Prioritäten beziehen sich vermutlich wegen der Probleme durch Corona auf Schule. Dort sehen die Bürgerinnen und Bürger den größten Bedarf. Die Themen Kita oder lebenslanges Lernen haben es hingegen nicht in die TOP 8 geschafft.

  • E&W: Welche Forderungen stehen an der Spitze?

Imhäuser: Harmonisierung des Bildungssystems, kompetente Lehrkräfte, Demokratie und Teilhabe in der Schule, individuelle Förderung, Digitalisierung, Berufsorientierung stärken, gleiche Chancen für alle Schülerinnen und Schüler, lebensnahes Lernen.

Ratschläge bis 2023

Der Bürgerrat Bildung und Lernen ist zunächst auf drei Jahre bis 2023 angelegt. Organisiert wird er im Auftrag der Montag Stiftung Denkwerkstatt. Der erste Bürgerrat startete mit einem offenen Online-Forum zum Austausch von Ideen im Oktober 2020. Im Mai 2021 fand das große Bürger- und Jugendforum statt, in das die Themen und Ideen aus den Online-Dialogen einflossen. Die rund 400 zufällig ausgewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmer formulierten konkrete Ideen für die Bildungspolitik, die im Bürgerrat im September von 100 Bürgerinnen und Bürgern konkretisiert wurden. Im November werden die Forderungen an die Politik übergeben. 2022 beginnt ein neuer Durchlauf des Bürgerrats Bildung und Lernen.

Karl-Heinz Imhäuser (Foto: Sarah Larissa Heuser)