Am Beispiel der Freiherr-von-Stein Schule wird deutlich, dass die Flurschul-Bauweise, in der von einem Flur die Klassenräume abgehen, nicht geeignet ist, um neue Formen des Lehrens und Lernens zu praktizieren. Dabei müssen insbesondere neue Wege gefunden werden, wie die Bedürfnisse von Lehrkräften, Schülerschaft und Schulleitung in Einklang gebracht werden mit Verwaltungsvorschriften wie beispielsweise Brandschutzvorgaben. Ebenso wichtig im Bereich Digitalisierung sei aber auch das Know-how im Kollegium, verbunden mit der Frage nach Aus- und Weiterbildung, erklärt Schulleiterin Schubert. Hier geht es nicht ohne gegenseitige Fortbildung zur Steigerung der fachlichen Kompetenz in Medienpädagogik.
Für Tepe und Henke steht in diesem Zusammenhang fest, dass die Lehrkräfte gleichzeitig nicht noch Spitzenprogrammierer und Systemadministratoren sein können. Für die Kolleginnen und Kollegen der Stein-Schule ist der Wunsch nach einer IT-Ansprechperson für ihre Schule daher nur allzu verständlich.
„Bring your own device“?
Ein sehr wichtiger Aspekt ist auch die Ausstattung der Schülerschaft mit Tablets. Viel debattiert wird, ob die Schule alle Schülerinnen und Schüler mit einheitlichen Endgeräten versorgt oder ob nach dem „Bring your own device“-Konzept die Kinder und Jugendlichen ihre eigene Hardware mitbringen und nutzen, wie es die Kultusministerkonferenz im Hinblick auf den Digitalpakt favorisiert. Als ein unangemessener Bremsfaktor hat sich dabei die örtlich unterschiedlich gehandhabte Vergabepraxis nach dem Bildungs- und Teilhabepaket erwiesen. Bisher wird kaum die Anschaffung eines Tablets über dieses soziale Hilfsprogramm gewährt – gerade in einer Stadt wie Neumünster mit der landesweit höchsten Kinderarmut ein nicht unerheblicher Faktor. Henke sieht hier enormen Handlungsbedarf in Sachen Bildungsgerechtigkeit, um Kinder aus sozial schwachen Familien nicht völlig abzuhängen.
In der Diskussion mit Lehrkräften aus anderen Schulen der mittelholsteinischen Stadt erfahren Tepe und Henke, dass die seit 2012 sich im Umlauf befindliche digitale Bildungskarte vielleicht verwaltungstechnisch ein Erfolgsmodell darstellt, für die Betroffenen im Klassenverbund sei der Umgang damit aber immer noch entwürdigend. Das bestätigte für die GEW die Erkenntnis: Eine bessere Ausstattung gerade von Schulen mit vielen sozial benachteiligen Kindern ist dringend nötig.
Lockerung des Kooperationsverbots
Für Tepe ist bei ihrem Besuch die Botschaft wichtig, dass im Zuge der im Koalitionsvertrag beschlossenen Lockerung des Kooperationsverbots die vor Ort benötigten Ressourcen dort auch ankommen. Die Vorsitzende spricht vor dem Hintergrund allerorts anzutreffender Investitionsstaus von leider immer noch existierenden Sanitäranlagen, die zu „No Go-Areas“ mutieren. Die Kommunen dürfen bei der Mammutaufgabe einer auskömmlichen Bildungsfinanzierung „nicht von den Ländern und dem Bund im Stich gelassen werden“, fügte Henke hinzu.
Aus diesem Grund hatte das GEW-Spitzenduo zusammen mit dem Kreisvorsitzenden der GEW Neumünster Siegbert Schwab den Stadtrat Neumünsters Carsten Hillgruber (SPD) zum Informationsaustausch eingeladen. Dieser kündigte für die kommunale Haushaltsplanung an, in den nächsten vier Jahren 3,8 Millionen Euro in die schulische Medienentwicklung zu stecken. Mit Blick auf die von der ehemaligen Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) 2016 versprochenen fünf Milliarden Euro für einen Digitalpakt für die Jahre 2018 bis 2022 sagte Hillgruber, bis heute sei davon noch nichts im Stadtetat angekommen.
Tepe kündigte an, ihre bereits 2017 praktizierten Besuche in den Ländern und Stadtstaaten fortzusetzen und diese Form eines lebendigen Mitglieder- und Gedankenaustausches beizubehalten. Der Fokus Digitales Lernen werde die GEW in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen.